Beethovenfest in Bonn Jan Vogler über seinen kommenden Auftritt

BONN · Manchmal entsteht große Kunst innerhalb eines genialischen Augenblicks. Wenn der Cellist Jan Vogler über Beethovens A-Dur-Sonate op. 69 spricht, die Beethoven für sein Instrument komponierte, beschreibt er so einen Moment. "Er hat die moderne Cellosonate buchstäblich im letzten Moment erfunden", sagt er.

 Der Cellist Jan Vogler und die Pianistin Hélène Grimaud haben Schumanns "Dichterliebe" für ihre jüngste CD eingespielt. Im September gastieren sie beim Beethovenfest.

Der Cellist Jan Vogler und die Pianistin Hélène Grimaud haben Schumanns "Dichterliebe" für ihre jüngste CD eingespielt. Im September gastieren sie beim Beethovenfest.

Foto: DIE GLÄSERNE MANUFAKTUR

Wir sitzen mitten in der Bonner Fußgängerzone, nur wenige Meter von Beethovens Geburtshaus in einem Café. Ein guter Ort, um über Handschriften des Komponisten zu sinnieren. Vogler ist hingerissen von der Vorstellung, dass Beethoven, kurz bevor er sein Werk in die Hände des Notenstechers gab, noch hastig entscheidende Themen und Passagen dem Klavier wegnahm und dem Cello schenkte.

Die Sonate steht auch auf dem Programm, mit dem Jan Vogler am Dienstag, 10. September, beim Beethovenfest in der Beethovenhalle gastiert. Den nach den chirurgischen Eingriffen des Komponisten ein wenig reduzierten, gleichwohl immer noch sehr anspruchsvollen Klavierpart übernimmt Hélène Grimaud. Davor spielt das Duo eine Sonate von Alfred Schnittke, danach eine von Sergej Rachmaninow.

Ein komplettes Beethoven-Programm fänd Vogler auch sehr spannend. so wie er es in jungen Jahren oft gemacht hat, als er die Werke für Cello und Klavier zyklisch aufgeführt habe. Zehn Jahre lang, erzählt der 49-Jährige, sei er mit den Sonaten umhergereist. "Das will heute keiner mehr einen kompletten Zyklus hören", meint Vogler, der sich als Künstlerischer Leiter des Moritzburg Festivals bei Dresden und als Intendant der Dresdner Musikfestspiele nicht nur als Musiker über solche Dinge Gedanken machen muss.

Gleichwohl zählt Beethoven für ihn zu den Komponisten, die gerade auch jungen Menschen etwas sagen, zu denen sie sofort einen Zugang finden. Es sei die Verbindung aus der Unmittelbarkeit in der Ansprache und der Tiefe in der Substanz, die sie spannend fänden. "Es war der größte Irrtum der Klassikbranche in den vergangenen Jahren zu glauben, durch Verflachung ein Publikum zu gewinnen." Allerdings hat Vogler nichts dagegen einzuwenden, wenn die Präsentation von Musik sich ein wenig lockerer gibt.

Das hat der Cellist auch schon beim Beethovenfest gezeigt, als er 2010 mit dem New Yorker Orchester "The Knights" im Telekom Forum gastiert. Eine Ensemble, das Beethoven spielt, aber auch Pop oder Jazz im Programm hat. "Sie machen Musik mit einer unglaublichen Ernsthaftigkeit, und sie denken politisch sehr bewusst", sagt Vogler, der seinen Lebensmittelpunkt vor einigen Jahren nach New York in die Stadt der "Knights" verlegt hat. "Aber gleichzeitig sind sie auch sehr lustig, haben großen Spaß am Feiern."

Der Abend mit Hélène Grimaud in der Beethovenhalle wird freilich ein klassisches Duo-Konzert. Mit Grimaud, Weltstar und regelmäßiger Gast beim Beethovenfest, musiziert Vogler häufig zusammen. Ebenso wie mit Martin Stadtfeld, mit dem er erst vor kurzem im Beethoven-Haus gastierte. Sie repräsentieren höchst unterschiedlich Musikerpersönlichkeiten und -temperamente. An Stadtfeld schätzt Vogler vor allem die völlige Unabhängigkeit der beiden Hände, wenn er etwa Bachs Polyphonie spielt. "Das ist einzigartig", sagt Vogler. Kein Wunder, dass auffällig viele Stücke mit polyphonem Charakter das gemeinsame Repertoire bilden. "Wir haben unsere Programme so entdeckt, wie unsere Chemie war."

Mit Hélène Grimaud sei etwas ganz anderes entstanden, erzählt Vogler. "Mit ihr kann ich in einem ganz großen Saal spielen. Und ich habe das Gefühl, die Größe der Musik, ihre Weite, die Dimension einer Brahms-Sonate oder die von Schumanns Liederzklus ,Dicherliebe', den wir auch gespielt haben, wird in ihrer ganzen Pracht dargestellt. Diese unglaubliche Kraft ist ebenso einzigartig wie Martin Stadtfelds Qualitäten. Man kann mit ganz verschiedenen Partnern großartige Ergebnisse haben. Man muss nur fasziniert sein von der musikalischen Qualität und vom Charakter des Partners."

Jan Vogler, Violoncello, und Hélène Grimaud, Klavier, gastieren am Dienstag, 10. September, 20 Uhr, in der Beethovenhalle. Karten für das Konzert des Beethovenfestes gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

CD-Tipp: Robert Schumann "Dichterliebe", Jan Vogler (Violoncello) und Hélène Grimaud (Klavier), Sony Classical

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