Neue Beatles-Show Bei John und Paul im Studio

BONN · Die Beatles sind und bleiben Kult. Eine neue Bühnenshow zeigt die Fab Four bei der Arbeit in den Abbey Road Studios, im Sommer startet eine Kinderserie mit den Songs der vier Liverpooler im Fernsehen, der Film „Help“ wird als Keimzelle des Musikvideos entdeckt. Und selbst Paul McCartney gibt keine Ruhe: Der Sir kommt auf Tour.

 Beatles-Show: Szene aus "The Sessions"

Beatles-Show: Szene aus "The Sessions"

Foto: Tom Oldham

Vor 50 Jahren spielten sie ihr letztes Konzert. Doch John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr sind nicht nur für ihre Auftritte in Erinnerung geblieben, sondern auch für ihre innovative Arbeit im Londoner Abbey Road Studio. Der kreative Geist dieses Ortes wird jetzt reanimiert: Das Spektakel „The Sessions – A Re-Live Staging of The Beatles at Abbey Road Studios“ erzählt die Geschichte der Fab Four am Beispiel ihrer Plattenaufnahmen.

Der Showproduzent Stig Edgren („Elvis In Concert“) ließ das Abbey Road-Studio 2 unter fachlicher Beratung des legendären Beatles-Toningenieurs Geoff Emerick (70) für die Bühne nachbauen. 2017 gastiert die Show in Düsseldorf. 45 junge Musiker und Schauspieler gewähren unter der Regie von Kim Gavin, dem Creative Director der Olympischen Spiele in London, einen Einblick in die Arbeitsweise der Beatles. Instrumente und Arrangements sind identisch, Fakten und Songtitel werden auf eine Leinwand projiziert.

Auf dem Programm stehen zweieinhalb Stunden voller Klassiker – von „Love Me Do“ bis „Let It Be“. Jeweils zwei „Johns“, „Pauls“ und „Georges“, aber nur ein Ringo sind im Einsatz. Ein Orchester sorgt für zusätzliche Dynamik. „Wir präsentieren hier keine Doppelgänger“, sagt Stig Edgren. Es gehe in der Show nicht um „Look-A-Like“, sondern im Idealfall um „Sound-A-Like“. Man habe die besten Beatles-Sänger der Welt engagiert. „Das sind handverlesene Vokalisten, die dem Publikum auch die Entstehungsgeschichten der Songs erfahrbar machen wollen.“

Und sie sind nicht die einzigen Künstler, die in diesen Tagen auf Beatles machen. Selbst ein Original mischt mit: Paul McCartney tourt zurzeit mit seinem Live-Programm „One on One“ in Kanada, USA und Argentinien, im Mai spielt er in Düsseldorf. Sir Paul will neben Beatles-Klassikern auch neues Material vorstellen. Der 73-jährige Ur-Beatle setzt neueste Audio- und Videotechnologie ein – und spielt nicht selten gleich drei Stunden.

Mit den Beatles lässt sich auch 46 Jahre nach ihrem Ende noch Kasse machen. Das gilt nicht nur für die Platten, die immer wieder neu aufgelegt werden und sich bis heute mehr als eine Milliarde Mal verkauft haben. Es gilt auch für alles andere rund um die Fab Four. So startet Netflix im August dieses Jahres die animierte Kinderserie „Beat Bugs“. Die lebensfrohen Abenteuer der fünf Freunde spielen in einem wuchernden Vorstadtgarten und werden untermalt von den bekanntesten Songs aus dem Lennon/McCartney-Katalog. Zu den Interpreten zählen Pink, Of Monsters And Men, James Bay, Chris Cornell und Eddie Vedder.

Die Kassen klingeln auch in den Auktionshäusern. Anfang des Jahres kam bei Omega Auctions die extrem rare 10‘‘-Demo-Single „Till There Was You“ aus dem Jahr 1962 unter dem Hammer – für 98 000 Euro. Sotheby‘s fing vor 35 Jahren noch ganz bescheiden mit einem Klavier von Paul McCartney an. Es brachte 13 000 Euro ein. Im Herbst 2015 kam bei Sotheby’s der Management-Vertrag, den die Fab Four mit Brian Epstein 1962 unterzeichnet hatten, unter den Hammer. Die Auktion brachte umgerechnet 464 000 Euro ein. Der handgekritzelte Songtext zu „A Day In The Life“ von John Lennon wechselte bei Sotheby‘s sechs Jahre zuvor sogar für rund 1,5 Millionen Euro den Besitzer.

Der Kult blüht in vielen Facetten: Der Musiksender MTV etwa hat Richard Lester, den Regisseur der Beatles-Filme „Help!“ und „A Hard Days Night“, posthum zum Urvater des Pop-Videos erklärt. Und eine neue, aufwendige Studie über „Help!“ stammt von dem britischen Autor Simon Wells. Sie soll im Juli unter dem Titel „Eight Arms To Hold You: 50 Years Of Help! And The Beatles“ erscheinen.

Der Beatles-Experte („The Beatles: 365 Days”) und die Restaurierungsspezialisten des Verlags Archivum Publishing sind tief in die Archive der Londoner Fotoagentur Rex Feature und des British Film Institute eingetaucht. Entdeckt haben sie dort unter anderem unveröffentlichte Bilder von den Dreharbeiten zu „Help!“. Das Buch wird neben Kommentaren und Anekdoten eine ausführliche Rekonstruktion des Filmklassikers enthalten.

Was die Filmkarriere der Beatles betrifft, werde „Help!“ immer erst nach „A Hard Day’s Night“ genannt, bemängelt Simon Wells. Der Autor selbst hält „Help!“ für einen „wichtigen Fixpunkt“ in der Evolution des Pop-Videos. „Es ist das erste nachweisbare Experiment mit einem Pop-Video innerhalb eines Films und diente als Blaupause für sämtliche Bands, die nach den Beatles kamen“, sagt Wells. „Natürlich wussten die Beatles das damals noch nicht, für sie war es nur ein weiteres Projekt in ihrer Karriere. Sie haben vieles erschaffen, was noch Jahrzehnte später von großer Bedeutung ist – und vermutlich auch bleiben wird.“

Und dann wäre da noch der renommierte Jazzgitarrist Al Di Meola: Sein aktuelles Album „All Your Life – A Tribute To The Beatles“ enthält 14 Beatles-Kompositionen, die der 61-Jährige für die akustische Gitarre neu arrangiert hat. Bei „In My Life“ und „Because“ hat er seine Conde Hermanos Nylon String Gitarre, seine Gibson Steel String Gitarre und eine 1948er Martin Acoustic übereinander gelegt, bei „Eleanor Rigby“ ist sogar ein Streichquartett zu hören.

Der Saitenzauberer aus New York war schon immer fasziniert von der Kreativität der Beatles. Diese führt er zurück auf den „freundschaftlichen, aber irgendwo auch mörderischen Konkurrenzkampf“ zwischen John Lennon und Paul McCartney. Die beiden hätten sich zehn Jahre lang gegenseitig angespornt – so, wie auch die Meistergitarristen Al Di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucía einst in künstlerischer Konkurrenz zueinander standen.

„Die Songs der Beatles sind nicht nur sehr melodisch, sondern auch ausgesprochen ästhetisch“, sagt Al Di Meola. „In diesem Punkt blasen sie den banalen Mist, mit dem man heute oft konfrontiert wird, spielend weg.“

Paul McCartney: One-on-One-Tour, Düsseldorf, Esprit-Arena, Sa 28. Mai, 20 Uhr

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