Bundeskunsthalle in Bonn Ausstellung mit Werken aus der Sammlung des Bundes

BONN · "All New!" und "Only Here!" heißt es in nostalgischen Goldfolie-Buchstaben auf einem Bild von Claus Richter. "Verpassen Sie nicht die Gelegenheit, sich dies anzusehen", liest der Betrachter und erkennt die Parodie eines Werbeplakates für eine Wildwest-Show.

 Die Installation "Drawing (Mother, the future was a political lie)" von Diango Hernandez in der Bundeskunsthalle.

Die Installation "Drawing (Mother, the future was a political lie)" von Diango Hernandez in der Bundeskunsthalle.

Foto: dpa

Dabei sind die beschwörenden Botschaften nichts anderes als der ironische Kommentar auf den Kunstbetrieb, der bedeutend tut und mit zweifelhaften Wertmaßstäben Geschäfte macht. Die eigene Distanz dazu kann der Betrachter nicht lange halten, denn er selbst steht vor Richters Bild, mitten in einer Ausstellung über zeitgenössische Kunst und ist Teil des Event-Karussells.

"Nur hier", dieses Zitat aus Richters Werk erschien passend für die neue Ausstellung der Bonner Bundeskunsthalle. Das kokette Spiel mit der eigenen Bedeutung kann sich diese wunderbare Schau, in der es unter den 100 Arbeiten viel zu entdecken gibt, durchaus leisten.

Die Werke sind Teil der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland, mit der man sich zum vierten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Nach der "Visite" von 2008 zeigt das Museum des Bundes erneut, welche Werte die letzte Ankaufskommission, deren fünfjährige Amtszeit 2011 endete, für uns alle erworben hat.

Vor mehr als 40 Jahren (1970) initiierte Bundeskanzler Willy Brandt auf Anregung von Georg Meistermann, dem Vorsitzenden des Deutschen Künstlerbundes, die Bundeskunstsammlung. Explizit sollte sie "als Zeichen der Zeit, in der wir leben, zur kulturellen Repräsentation des Bundes" dienen.

Der erste Ankaufsetat betrug 250.000 DM. Gesammelt werden Arbeiten zeitgenössischer deutscher Künstler sowie Werke von ausländischen Künstlern, die hauptsächlich in Deutschland arbeiten. Inzwischen ist der Gesamtbestand auf etwa 1500 Objekte aller Gattungen angewachsen. Gelagert werden sie im Bonner Depot auf dem Gelände des ehemaligen Innenministeriums.

Der größte Teil der Arbeiten, rund 1200, aber ist ausgeliehen, meist mit fünfjährigen Leihverträgen. An das Bundeskanzleramt, an Ministerbüros, deutsche Botschaften, oder als Dauerleihgabe an Museen. Eine kunsthistorisch vollständige Entwicklung der Kunst in Deutschland will und kann die Sammlung nicht bieten.

Die Kommission aus Fachleuten (zuletzt war die Bonner Kunstgeschichtsprofessorin Anne-Marie Bonnet dabei, aktuell ist Kunstmuseumschef Stephan Berg vertreten), die ihre Einkäufe auf den drei großen Kunstmessen Art Cologne, Art Basel und Art Forum Berlin macht, soll das künstlerische Schaffen in Deutschland dokumentieren. Dass man mit einem Etat von 2,2 Millionen Euro für die letzten fünf Jahre jedoch schwerlich die Entwicklung der Kunst in Deutschland abbilden kann, macht die Ankaufspolitik zu einem Wettlauf mit dem Kunstmarkt.

Es gilt, Talente frühzeitig zu erkennen und zu kaufen, solange die Werke erschwinglich sind. So spiegelt die Sammlung auch immer die Überzeugungen und Sammelstrategien der wechselnden Kommissionen wider. Das macht einen großen Teil ihres Charmes aus. Lücken müssen in Kauf genommen werden, und von einer ganzen Reihe anerkannter Künstler wie Georg Baselitz oder Markus Lüpertz enthält die Sammlung ausschließlich Papierarbeiten - oder sie fehlen ganz.

Welche Kunst hat nun die letzte Kommission für die Deutschen angeschafft? 234 Arbeiten waren es insgesamt und man darf sich beim Rundgang darüber freuen, wie viel gute Kunst ins Budget gepasst hat. Es gibt ältere Arbeiten wie zwei Objektkästen von Mary Bauermeister von 1987, konkrete Poesie von Gerhard Rühm aus der Zeit um 1960 oder das Multiple von Beuys "Ich kenne kein Weekend".

Hans-Peter Feldmann breitet in einer beeindruckenden Porträtserie auf 100 Schwarz-Weiß-Fotografien das Leben zwischen Säugling- und Greisenalter vor uns aus. Deutsch-deutsche Bezüge werden thematisiert, wie von Ulrike Kuschel, die 29 Jahreskalender aus dem Zeitraum von 1961 bis 1989 zeigt. Und Michael Beutler befragt in seinem "Carpet", der schön, sperrig und unübersehbar den Eingang zur Ausstellung verdeckt, unser Verhältnis zur Kunst.

Kunst- und Ausstellungshalle, Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, bis 14. April; Di-Mi 10-21, Do-So 10-19 Uhr; Katalog 24 Euro (Museumsausgabe). Sonn- und feiertags können Besucher zwischen 12 und 18 Uhr Kunstvermittler direkt zu den Werken in der Ausstellung befragen.

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