Für demenzkranke Menschen Bundeskunsthalle und Altenpflegeheim starten Projekt

BONN · Die Bundeskunsthalle und das Altenpflegeheim Haus Katharina in Königswinter gestalten 2013 ein Gemeinschaftsprojekt für demenzkranke Menschen. In vier Ausstellungen aus dem Programm der Bundeskunsthalle nehmen Menschen mit Demenzen wieder am kulturellen Leben der Gesellschaft teil. Peter Gauchel, Leiter des Altenheims Haus Katharina, postuliert: "Das Hauptproblem ist nicht der Demenzkranke, sondern die Umwelt."

 Die Untensilien aus dem Koffer von Uschi Baetz dienen den Senioren als Gedächtnisstützen.

Die Untensilien aus dem Koffer von Uschi Baetz dienen den Senioren als Gedächtnisstützen.

Foto: Barbara Frommann

"Wie heißen Sie?", fragt Uschi Baetz, Museumsführerin der Bundeskunsthalle, eine ältere Besucherin aus dem Haus Katharina. Der Blick der gefragten Dame sucht umher, eine Hand zittert, beschämt wendet sie ihren Kopf zur Seite.

"Demenzkranke merken, dass da irgendetwas im Argen liegt, aber sie haben keine Möglichkeit, dagegenzusteuern. Das ist den Leuten irrsinnig peinlich", erzählt Baetz, die sich eher als Kunstvermittlerin versteht. Sie ist nicht hinter dem Namen der älteren Dame her, maßregelt sie nicht, treibt sie nicht an, ihren Namen aus dem Gedächtnis zu zerren. Die Kunstvermittlerin gibt der älteren Dame Zeit, lässt sie einfach etwas anderes erzählen - nimmt die Frau ernst, egal was sie sagt.

Peter Gauchel erläutert die Gefahr des Korrigierens: "Ich gehe nicht mehr auf andere Menschen zu, wenn ich dauerhaft verbessert werde. Ich ziehe mich zurück." Die Teilhabe an der Gesellschaft, darum geht es Gauchel und seinen Mitarbeitern.

Uschi Baetz ermöglicht den dementen Besuchern die Teilhabe an Kunst und Kultur. Sie rezitiert keine Texte der Informationsschilder neben den Ausstellungsstücken. Sie macht die Kunst begreifbar, begibt sich mit den Menschen aus dem Rollstuhl auf eine Weltreise durch die Bundeskunsthalle. Sie zeigt den Besuchern die Ausstellungsstücke zu den Schätzen der Weltkulturen: eine antike Karte von den Inseln des Pazifiks, eine Maske aus Nordamerika.

Durch die Museumsgänge trägt sie zwei vollgepackte Koffer. Ihr Inhalt sind Reiseutensilien. Sie gibt einem Herrn im Rollstuhl ein Fernglas, woraufhin dieser sich an seinen Feldstecher aus vergangenen Jahren erinnert. Eine Frau erinnert sich an ihre Sonnenbrände, leider kann Baetz ihr keine Sonnencreme aus dem Koffer reichen. Immerhin erhält die Dame einen Strohhut als Sonnenschutz.

Die Kofferutensilien dienen als Gedächtnisstützen: Die Menschen beginnen zu sprechen, tauschen ihre Erfahrungen aus. Um das Präsentieren von Faktenwissen geht es Baetz nicht. Stattdessen stellt sie einen Bezug zwischen den Werkstücken fremder Länder und den Erinnerungen der eigenen Vergangenheit her. Elisabeth Reinhardt sitzt selbst im Rollstuhl und strahlt. Gut habe ihr gefallen, dass die Besucher mitmachen und aktiv sein konnten: "Das will man ja, das ist ja Sinn der Sache."

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