Kommentar Honorarverhandlungen der Ärzte - Unlautere Mittel

Streikende Ärzte sind etwas anderes als streikende Müllmänner oder streikende Bergleute. Um nicht den Ärger ihrer Patienten auf sich zu ziehen, müssen sie viel Aufklärungsarbeit bei den Kranken leisten.

Manche Mediziner machen das seit Jahren auf sehr penetrante Weise. In vielen Praxen findet der Versicherte Plakate, die ihm erklären, wie viel - richtiger: wie wenig - der Arzt für den Besuch bekomme.

Nur: Der Appell richtet sich an die Falschen. Es ist auch eine Argumentation mit unlauteren Mitteln. Denn die Rechengrößen, die die Ärzte anführen, sind nur das: Rechengrößen und Durchschnittswerte. Mit der wahren Vergütungshöhe haben diese Zahlen nichts zu tun. In Wirklichkeit ist das Honorarsystem der niedergelassenen Ärzte ein so undurchdringliches Dickicht, dass nur wenige Experten im Gesundheitswesen es verstehen.

Die Chefs der kassenärztlichen Vereinigungen lassen auch die Muskeln spielen, weil die Verteilungskämpfe unter den Medizinern immer heftiger werden. Die Hausärzte, die viele Jahre schlecht weg kamen, haben inzwischen über die Hausarzttarife einen eigenen Topf, der ihnen eine Extra-Vergütung beschert, allerdings auf Kosten der Fachärzte. Um alle zufrieden zu stellen, nahmen die Krankenkassen teilweise üppig Geld in die Hand. Ihr aktueller Versuch, das zurückzudrehen, droht nun zu scheitern.

Die Krankenkassen müssen sich vom konfrontativen Ton verabschieden. Mit Praxisschließungen ist niemandem gedient. Nicht den Patienten, nicht den Ärzten.

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