Verbraucherzentrale Bonn warnt vor vermehrter "Internet-Abzocke"

Verbraucherschützer ziehen Jahresbilanz

Bonn. Die Verbraucherschützer schlagen Alarm: Die "Abzocke" vor allem im Internet wird immer schlimmer. Und es fallen immer mehr Leute darauf herein. "Das geht durch alle Alters- und Bildungsschichten", sagte Beate Fackeldey, Leiterin der Bonner Verbraucherzentrale. "Man findet immer neue Beispiele und Seiten."

Eine beliebte Masche seien etwa untergeschobene Telefon/DSL-Verträge, auch an Menschen, die gar keinen Computer besitzen. "Bisher haben wir es aber jedes Mal geschafft, die Betroffenen mit einem deutlichen Brief aus den Verträgen herauszuholen", sagte Fackeldey gestern bei der Vorstellung der Jahresbilanz.

Kein Wunder, dass die Verbraucherschützer viel zu tun haben. 36 459 Menschen wurden im vorigen Jahr beraten, eine erneute Steigerung zum Vorjahr. Besonders die Rechtsberatung war gefragt, die 20 Prozent mehr Zulauf verzeichnete.

"Die Beratungen werden immer aufwändiger", sagte Fackeldey und schimpfte: "Die Sitten und Gebräuche verfallen. Es gibt keine schwarzen Schafe mehr, sondern inzwischen Raubunternehmen." Selbst große Betriebe würden sich nicht mehr an die guten Sitten halten.

Vier bis fünf Mal täglich kommen Leute, die im Internet unwissentlich Verträge geschlossen haben - etwa "Smiley"-Grafiken bestellt haben, bei denen die Kosten nur versteckt angegeben waren. Inzwischen gibt es ein Urteil des Landgerichts München, so Fackeldey, wonach Preishinweise im Internet nicht wirksam sind, wenn sie nur im Kleingedruckten stehen.

Häufig anzutreffen sind auch Einladungen zu Gewinnspielen, die aber nur der Ermittlung von Daten für Kaffeefahrten dienen. Ebenfalls wüssten Kunden oft nicht, dass bei Telefon-Anbietern auch bei einem Tarifwechsel eine neue Vertragsbindung von weiteren 24 Monaten eintrete.

"Ich habe das Gefühl, die Sachen werden immer komplizierter", sagt selbst die Expertin. "Die wenigsten blicken noch durch." Deshalb, so das Fazit, sei eine kompetente Verbraucherberatung notwendiger denn je. Selbst Menschen mit guten Rechtskenntnissen seien oft hilflos. Komplizierte Fälle verweise man an Anwälte, was einmalig 26 Euro koste.

Fackeldey setzt auf Prävention und informiert auch in Schulen über Tipps und Tricks. "Besonders die jungen Leute binden sich heute finanziell sehr früh, kennen aber ihre Rechte und Pflichten nicht", hat die Leiterin festgestellt und hofft, dass sie sich dank der Beratungen nach Ende der Schulzeit nicht mehr so leicht über den Tisch ziehen lassen.

Ein Manko bei der Bilanz der Verbraucherschützer ist die telefonische Erreichbarkeit. Wegen des großen Ansturms landen Anrufer häufig in der Warteschleife. "Wir bitten um Geduld und mehrfache Versuche. Die Verbraucher-Zentrale hofft, dass sie ab Sommer 2009 eine weitere Planstelle bekommt, wenn es um einen neuen Fünfjahresvertrag für die Beratungsstelle geht, und ist zuversichtlich, dass die Stadt erneut 140 000 Euro pro Jahr für das Beratungsangebot locker macht.

Die Verbraucherzentrale Bonn, Thomas-Mann-Straße 2-4, ist erreichbar unter der Rufnummer (02 28) 97 66 934, Fax (02 28)97 66 935 oder per Email unter bonn@vz-nrw.de. Eine persönliche Beratung kostet 7 Euro.

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