Asad flitzt jetzt wie der Blitz

BAD GODESBERG · An der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule in Bad Godesberg läuft "Dicke Freunde", das erste Hilfsprojekt für übergewichtige Bonner Schüler.

Asad flitzt jetzt wie der Blitz
Foto: Ronald Friese

Heute wird gekocht. Lärmend stürmen zwölf Kinder in die Küche der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule. Frisches Gemüse liegt hier - bereit geschnippelt zu werden. "Und was gibt es", fragen Jasmin und Jan. "Nudeln mit Würstchen und Soße", antwortet Ernährungspädagogin Monika Selbert. "Lecker."

Die Zehn- bis 14-Jährigen binden sich große gelbe Schützen um. "Dicke Freunde" steht drauf. Denn die Kinder durchlaufen hier einen der beiden ersten im September gestarteten gleichnamigen Kurse für übergewichtigen Bonner Nachwuchs.

Organisator ist der Bunte Kreis Bonn-Ahr-Rhein-Sieg, eine Initiative für Familien mit schwer und chronisch kranken Kindern. Projektpartner sind die Uniklinik Bonn und die DRK-Fachklinik Bad Neuenahr, die das Modellprojekt dort schon erfolgreich durchführt.

"Wir sind ja hier, weil wir abnehmen wollen", bekennen Ilaria, Annika und Yara-Miriam. Sie fühle sich nicht wirklich wohl in ihrem Körper, sagt Sophie. Mehrfach habe sie schon alleine versucht abzunehmen. "Aber abends haue ich dann wieder rein", zuckt das Mädchen mit den Achseln.

Die Ärztin hat sie geschickt, weil sie sonst Diabetes wie der Opa bekomme. Das Mädchen neben ihr berichtet plötzlich, dass es schon wegen Magendurchbruchs im Krankenhaus war. Nie wieder wolle sie das erleben. Beide verarbeiten jetzt Vollkornspaghettis und Wurstscheiben. Sie mogle Vollkornprodukte in die Gerichte, damit die Kinder auch zu Hause danach fragen sollen, sagt die Ernährungsexpertin leise.

Im Mittelpunkt werde die kalorienarme Soße aus frischem Gemüse stehen, deren Rezept die Kinder dann hoffentlich nachkochen wollten. "Die essen zu Hause ja oft die falschen Sachen: viel Fettiges, Fast Food, jede Menge Süßigkeiten. Und dann fehlen heutzutage ja vielfach die gemeinsamen festen Mahlzeiten."

Ja, sie wollten es sich abgewöhnen, nur aus Langeweile zu essen, sagen Svenja und Lea-Sophie über dem Zwiebelschneiden. "Und nicht vor dem Fernseher", rufen Yusuf und Annika rüber. Da habe man ja immer das Gefühl, nie satt zu werden. Sie wollte bald in Kleidergröße M passen, hat sich Alina vorgenommen.

Aber warum beachteten die Kinder denn dann nicht genau die Mengen, die im Rezept stünden, fragt die Ernährungsfachfrau. Betroffen schauen sich die Schüler an. Der Nudelberg ist viel größer als geplant geworden. "Ihr wollt doch lernen, was normale Portionen sind. Das nächste Mal passen wir da alle genau auf", sagt Monika Selbert.

Sie freue sich, wie gut die Familien mitzögen, welche nette Gemeinschaft die "Dicken Freunde" gebildet hätten, so Inka Orth vom Bunten Kreis. Die bisherigen Gruppen hätten zuvor medizinische und psychologische Testtermine durchlaufen. Körperliche Ursachen mussten ausgeschlossen sein.

Die Mitarbeit der Eltern war ebenfalls Voraussetzung. "Sonst bringt das gar nichts. Gerade sie wollen ja, dass ihren Kindern Dick-Sein erspart bleibt", so Orth. Je länger Übergewicht bestehe, desto früher träten schwerwiegende Folgeerkrankungen auf. Intensiv liefen auch schon das Bewegungsprogramm und die psychologische Betreuung.

"Wir beginnen im Februar eine dritte Gruppe. Da können sich noch Familien melden." Damit noch mehr Kinder Erfolgserlebnisse wie Asad bekommen. Der kleine Fußballer, den sie zuvor "fetter Speck" hänselten, hat seit September sechs Kilo abgenommen. Auch sein Trainer sei begeistert. "Denn ich flitze jetzt wie der Blitz."

Das Programm: Ziele der zwölfmonatigen Behandlung sind die Steigerung der Lebensqualität und die langfristige Gewichtsreduktion. Den Kindern und Jugendlichen werden meist an zwei Nachmittagen in der Woche eine positive Körperwahrnehmung sowie Freude an Bewegung und Ernährung vermittelt, die zu einer Verbesserung des Selbstwertgefühls führen. Elemente sind eine Sport- und Bewegungstherapie, Psycho-Gruppentherapie, Ernährungs- und Elternschulung sowie nach dem Jahr auch die Nachsorge. Der finanzielle Eigenanteil beträgt 25 Euro pro Monat. Das Projekt ist auf Spenden angewiesen und sucht in Bonn noch einen weiteren Standort.

Kontakt über www.bunterkreis-bonn.de oder der Telefonnummer (0228)28733290.

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