Kritik am Siegburger Bürgermeister Die Abwahl Franz Huhns ist das erklärte Ziel

SIEGBURG · Was sich am Donnerstagabend vor und in der Rhein-Sieg-Halle abgespielt hat, glich eher einem Theaterstück denn einer Ratssitzung. Dazu trugen die rund 1000 Bürger bei, die in Stuhlreihen vor den Mitgliedern des Siegburger Stadtrates und über ihnen auf der Empore saßen - dazu trugen aber vor allem einige Ratsherren bei, die sich für diesen Abend eher aufs Schauspielern für ihr Publikum als auf Ratsarbeit verlegt hatten.

Der Ausgang des Stücks war vorhersehbar: Der Haushalt wurde mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen, und die umstrittene Grundsteuererhöhung besiegelt (GA von gestern). Und doch enthielt der Abend eine Überraschung. Dafür sorgte die Bürgerinitiative Bürgerforum Siegburg, die noch während der Sitzung im Foyer fleißig Stimmen für ein Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister sammelte.

Franz Huhn hatte den ganzen Abend versucht, trotz ständiger - laut Gemeindeordnung nicht erlaubter - Beifallsbekundungen und Buhrufe ruhig, freundlich und bestimmt durch die Tagesordnung zu führen. Doch als ihm die Nachricht vom Abwahlverfahren zu Ohren kam, reagierte er hör- und sichtbar erregt. Er habe "seit zehn Jahren meine Ansichten und Anträge engagiert vertreten", rief Huhn unvermittelt im Laufe der Sitzung und richtete sich direkt an die Bürger, die gegen die ihrer Ansicht nach maßlose Grundsteuererhöhung auf die Barrikaden gehen: "Sie werden mich nicht dazu bringen, dass ich meine Überzeugungen abhängig mache von Abwahlanträgen", sagte Huhn: "Es sind Größere vor mir gegangen, denen kann ich nachgehen."

Rund 400 Unterschriften habe die Initiative allein am Donnerstag bereits gesammelt, berichtete Ralph Bulau vom Bürgerforum dem GA gestern Morgen (siehe Interview auf dieser Seite). 6500 dürften nötig sein, um ein Abwahlverfahren einzuleiten (siehe Artikel unten). Die CDU reagierte gestern mit einer Pressemitteilung auf den Vorstoß der Bürgerinitiative. Auf die Entscheidung des Stadtrats, bei der Grundsteuererhöhung zu bleiben, "mit einem Abwahlbegehren gegen Franz Huhn zu reagieren, ist sachlich völlig falsch, reine Machtpolitik, käme die Stadt teuer zu stehen und würde auch den großen Verdiensten von Franz Huhn um die Stadt nicht gerecht", so die CDU.

Dass das Bürgerforum den Ratsabend so durcheinanderwirbeln würde, war im Vorfeld nicht zu erwarten gewesen: Die Demo vor der Sitzung war ruhiger und mit augenscheinlich weniger Teilnehmern verlaufen als die vor drei Wochen vor dem Beschwerdeausschuss. Fast schien es, als hätten die Bürger die Hoffnung auf eine Wende bereits aufgegeben.

Die Kulisse, für die die Siegburger wenig später in der Rhein-Sieg-Halle sorgten, war aber umso beeindruckender und sicher auch für Ratsmitglieder und Verwaltung überwältigend. Rund 1000 Bürger sorgten für eine Sitzung, wie sie die Stadt noch nicht gesehen hatte. Die Beiträge der Ratsleute waren begleitet von Buhrufen, Pfiffen oder Applaus - selbst die AfD und die rechtsgerichtete Volksabstimmung erhielten ungewohnten Beifall.

Reden in epischer Länge

Am Ausgang änderte das nichts: Die Tagesordnung geriet bei Ordnungspunkt sechs, dem Antrag der SPD auf Verlegung der Haushaltsdebatte ins Stocken - und zwar weil genau das Gegenteil von dem geschah, was die Sozialdemokraten gefordert hatten: Alle Fraktionen trugen in meist epischer Breite schon ihre Haushaltsreden vor.

Als das vorbei war, lief alles wie gewohnt ab: Vor allem CDU und FDP sorgten dafür, dass alle Anträge gegen den vorliegenden Haushaltsentwurf abgelehnt und sämtliche bisherigen Entscheidungen bestätigt wurden. Schließlich beschlossen sie den - strukturell ausgeglichenen - Haushalt für 2015. Beschlossen wurde auf Antrag der Linken auch die Gründung eines Arbeitskreises "Konsolidierung". Die nannte CDU-Fraktionschef Jürgen Becker eine "Daueraufgabe".

Zur Daueraufgabe dürfte auch die Auseinandersetzung mit den Bürgern werden. "Wir werden jetzt immer da sein und ihnen auf die Finger schauen", betonte Bürgerforum-Mitglied Ralph Bulau.

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