Wahlprogramm vorgestellt SPD will einen Sozialwahlkampf führen

Berlin · Präziser konnte man das Gespräch nicht setzen. Alt-Kanzler Gerhard Schröder gibt nur noch selten Interviews. Und nur zu besonderen Gelegenheiten. Am Montag war so ein Tag. Die Hartz-IV-Gesetze wurden an diesem Tag vor zehn Jahren vorgestellt.

 Der Wahlkampf kann beginnen: Peer Steinrück (links) und Sigmar Gabriel nach der Präsentation des Programms.

Der Wahlkampf kann beginnen: Peer Steinrück (links) und Sigmar Gabriel nach der Präsentation des Programms.

Foto: dpa

Und schließlich kam die Führungsriege im Willy-Brandt-Haus zusammen, um das Programm für die Zeit nach dem 22. September abschließend zu würdigen. Noch hier und da ein paar kleine redaktionelle Änderungen. "Die gibt es immer", meinte der SPD-Vorsitzende Gabriel dazu.

Natürlich gilt der Name Schröder noch etwas in der SPD. Angst und Schrecken erntete er unter den SPD-Funktionären am Montag mit dem Satz. "Wir brauchen eine neue Agenda 2020", so Schröder in dem Interview. Ausdrücklich lehnte er ab, selbst als Autor zur Verfügung zu stehen.

Demonstrativ stellte sich der frühere Regierungschef hinter die Kandidatur und die politischen Aussagen von Peer Steinbrück. Dem aktuellen Kanzlerkandidaten stärkte er den Rücken. Wie er die Kritik an Steinbrück empfinde? Das sei für eine Demokratie Normalität. Er habe nach dem Motto aller Spitzenpolitiker gelebt, "wem es in der Küche zu heiß wird, der kann dort auch nicht Koch werden".

Nun ist es kein Kochbuch, das die SPD-Spitze für den Parteitag in Augsburg Mitte April beschloss. Aber die Antragsbücher für Augsburg wird man sich merken müssen. Denn erstmals in der jüngeren Geschichte der Demokratie haben Nicht-SPD-Mitglieder die Wahlaussagen kräftig beeinflussen können. Bis zu 40 000 Ideen aus der Bürgerschaft sind für das Wahlprogramm durchgesehen und diskutiert worden.

Bei vielen Mails habe die soziale Situation im Mittelpunkt gestanden. Über Defizite in der Bildungspolitik sei massenhaft geklagt worden. Gabriel zeigte seine Zuversicht, dass dieses Instrument selbstverständlicher als bisher genutzt werde.

Ziel müsse es sein, ein Auseinanderdriften der Gesellschaft zu verhindern. Das Schlüsselwort heißt Mindestlohn. Bei der SPD setzten sich die Anhänger der 8,50-Euro-Untergrenze durch. Und zwar solle diese Vorstellung flächendeckend umgesetzt werden. Im Prinzip ähnlich sind die Vorstellungen von Union und FDP, die aber unter anderem eine stärkere Differenzierung vorgesehen hatten. In keinem Fall solle eine Lösung die Tarifautonomie gefährden.

Das Kindergeld werde, so das SPD-Papier, neu strukturiert, wenn man den Sprung auf die Regierungsbank schaffe. Familien mit niedrigem Einkommen (3000 Euro im Monat) sollen: Maximal 324 Euro.

Die SPD wolle eine "Solidarrente" durchsetzen. Und zwar 850 Euro für Geringverdiener. Er muss aber 30 Beitragsjahre nachweisen können. In der Steuerpolitik strebt die Partei eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent für hohe Einkommen an. Auch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer steht an.

Ein ganz heißes Thema dürfte die Situation im Mietbereich werden. Bei Neuvermietungen dürfe die Miete nur zehn Prozent teurer sein als die ortsüblichen Preise. Makler für die Vermietung sollen vom Auftraggeber finanziert werden. Die Politik will verhindern, dass ausschließlich die Mieter einen Makler finanzieren. Die SPD-Spitze kündigte ein Milliarden-Paket für die Sanierung des sozialen Wohnungsbaus an.

Schließlich zum zweitwichtigsten SPD-Thema: die Finanzmärkte. Nach Vorstellungen der Autoren kann nur eine Finanztransaktionssteuer für die endgültige Problemlösung sorgen.

Außerdem wollen die Sozialdemokraten ein sogenanntes "Trennbanken-System" durchsetzen. Demnach sollen bei den Geldinstituten die Bereiche Geschäfts- und Investment stärker getrennt werden.

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