Ausstellungen am Hochstadenring "Zart & zackig" und "Schnittstelle/Muster III"

BONN · Wie es funktionieren kann, aus einem einzigen Farbmotiv, noch dazu aus einer unspektakulären, ausgemergelten Rotnuance ein fulminantes Kunstspektakel zu entwickeln, das zeigt das aktuelle Gemeinschaftsprojekt der 1986 gegründeten Künstlerinnengruppe "zart & zackig".

 "Rosa Panther", Installation von Marianne Pitzen.

"Rosa Panther", Installation von Marianne Pitzen.

Foto: Mecklenburg
  • Künstlerforum. Wie es funktionieren kann, aus einem einzigen Farbmotiv, noch dazu aus einer unspektakulären, ausgemergelten Rotnuance ein fulminantes Kunstspektakel zu entwickeln, das zeigt das aktuelle Gemeinschaftsprojekt der 1986 gegründeten Künstlerinnengruppe "zart & zackig". Unter dem Motto "Altrosa" anzutreffen ist ein lebendiges Geflecht von acht Installationen, wo malerisch ästhetische Diskurse sich überkreuzen mit Auslotungen von Themenkomplexen wie Zeitenlauf, Geschichte, Politik und Gesellschaft. Humor, Ironie sowie Hintergründigkeit und Tiefsinn prägen die rosa eingehüllte Szene.
  • In der Dunkelkammer huschen über eine Projektionswand pink schattierte Menschenschemen, aufgemischt durch dumpfes Geprassel von Schlagstöcken. In ihrer fesselnden Video-Animation pervertiert Anna S. von Holleben das von Männergewalt und -unterdrückung diktierte Schicksal indischer Frauen. Suggestiv bedrohliche Kräfte (Wandzeichnung) und elegisches Ambiente (Bodenarbeit aus Wachsblättern) mischen sich in Heide Pawelziks großartigem Projekt "Kirschblüten", eine unter die Haut gehende Erinnerung an die Fukushima-Katastrophe.
  • Ganz nah am Leitmotiv angesiedelt sind die Ergebnisse der geradezu wissenschaftlich angelegten Farbforschungen der Malerinnen Ilse Wegmann und Tina Wedel. Ihre poetische Suite von Altrosastichproben (Serie "Blütezeit") stockt Wegmann in humorvoller Manier auf durch Zitate aus einer den Farbingredienzien von Altrosa gewidmeten Meinungsumfrage. Wedel projiziert ihre analytischen Studien unmittelbar auf Leinwände, die konstruktivistische Anklänge auf den Plan rufen.
  • Eine flackernde Palette von Rosavarianten kleidet eine monströse Briefmarkenserie ein, mit der Martine Metzing-Peyre französischen Widerstandsheldinnen ein Denkmal setzt. Ein modrig nostalgischer Hauch von Altrosa umweht jene archäologischen Ausgrabungsfiktionen, die Spurensucherin Inge Brüsk (Fokus: Otzenrath) nicht nur im "Archiv-Café Altrosa" speichert.
  • In einer subversiven Inszenierung namens "Rosa Panther" spekuliert Marianne Pitzen über den schleichenden Fortgang einer weiblich durchmessenen Zeitspanne, wo Schulbank, Politkarriere und Rückkehr zum zeitlosen Muttermythos unmerklich einander fließen. Auf einer in den Schauraum wallenden Tapetenbahn illustriert Marlen Seubert eine feinsinnig versponnene Story, die von Alter, Jugend und der Unsterblichkeit des Eros handelt.
  • Künstlerforum, Hochstadenring 22-24, bis 3. November. Di-Fr 15 bis 18 Uhr, Sa 14 bis 17 Uhr, So 11 bis 17 Uhr.
  • Gesellschaft für Kunst und Gestaltung. Im dritten Akt der anspruchsvollen Reihe "Schnittstelle/Muster" zeigt die Gesellschaft für Kunst und Gestaltung eine aufschlussreiche Gegenüberstellung von "Kunst und Kult". Eckpfeiler bilden die nicht explizit künstlerisch ausgerichtete Tradition der Tätowierung; über deren grafisch ornamentale Bandbreite und über das Spektrum kultischer Hintergründe informieren eine Suite von Fotoporträts sowie eine Videodokumentation. Auf diesen Part antwortet gleichsam ein siebenköpfiges Künstlerteam, in dem hervorragenden Arbeiten die Welt der Muster, Rapports, sich wiederholender Strukturen und Raster spiegeln.
  • Auf ihren für Tapeten, Kissen oder Stoffprobenbücher entworfenen Druckmustern rekurriert die iranische Konzeptkünstlerin Parastou Forouhar auf orientalische Ornamenttraditionen, deren, zur Tuchfühlung verlockende Ästhetik jedoch unterwandert wird von symptomatischen Motiven wie Messer, Zange, Schlagring und anderen Gewaltinstrumenten.
  • Ebenfalls mit sozialem Sprengstoff geladen sind monumentale Fotomontagen, wo Claudia Rogge Schwerpunkte wie kollektive Musterfälle wie Massenpsychose, Uniformität, Stereotype herauskristallisiert. Von eher individuellem Zuschnitt ist das stoffliche Mustergefälle der auf getragenen Kleidungsstücken basierenden Wandobjektreihe "The Memorial Projekt" der Amerikanerin Jane Brucker.
  • In körperlich haptische Regionen verrückt Alke Reeh ein majestätisches Kuppelmodell. Geistreiche Metamorphosen von Meditationsteppich und Gebetskette liefert derweil Sakir Gökcebag. Andachtskultur, sakrosankte Sphären beschwören die entfernt an Grotten, Heiligennischen oder Taufbrunnen erinnernden Objekte von Jindrich Zeithamml herauf. In einem subtil verfremdeten Wohninterieur legt Norvin Leineweber geheime, sich im Unendlichen verlierende Spuren der Fibonacci-Sequenz.
  • Gesellschaft für Kunst und Gestaltung e.V., Hochstadenring 22, Finissage 17. November 12 bis 14 Uhr, Vorstellung des Ausstellungskatalogs. Mi, Do, Fr 15 bis 18 Uhr, Sa 14 bis 17 Uhr, So 11 bis 14 Uhr.
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