"Kopier mir die Sonne" Kunststudenten aus Berlin-Weißensee im Akademischen Kunstmuseum

BONN · Denn keiner der zahlreichen Gipsabgüsse nach antiken Kunstwerken steht noch am angestammten Platz - mit einer Ausnahme: Die stattliche Nike von Samothrake war zu gewichtig, um ihr Terrain im Hellenistischen Saal verlassen zu können.

 Neu sortiert: Die Berliner Studenten haben das Akademische Kunstmuseum umgebaut.

Neu sortiert: Die Berliner Studenten haben das Akademische Kunstmuseum umgebaut.

Foto: Museum

Zweck dieser friedlichen Hausbesetzung war die Einrichtung der Ausstellung "Kopier mir die Sonne", deren Titel so etwas wie eine mediterrane Aura heraufbeschwören soll, und dies mit allen den jungen Künstlern zu Gebote stehenden Mitteln: Malerei, Plastik, Objekt- und Videokunst, selbst mit dem gesprochenen Wort. Mathias Esch und Kinga Gerech huldigen dem Ausstellungstitel mit dem Gemälde "Die Gesänge/ Sunshine" einerseits und mit der Plastik "Desire", sozusagen einer Sonnenanbeterin, andererseits.

Der Maler Manuel Kirsch überraschte auf der Vernissage mit Versen aus den Metamorphosen von Ovid, einer höchst eindrucksollen Einlassung auf den Schauplatz und den dort herrschenden Geist der Antike. Denn darum, um Inspiration und Herausforderung durch die Sammlung und den klassizistischen Bau, geht es in dieser Schau.

Gregor Kasper setzte sie in seiner Figurenversammlung "Im Rausch(en) der Theorie" geistreich um. Da treffen sich grüppchenweise Göttervater Zeus, der Redner Demosthenes, die Kleine und die Große Herkulanerin, eine der neun Musen, der Wagenlenker von Delphi und der Knabe von Tralleis. Götter und Menschen "diskutieren" gleichsam auf Augenhöhe.

Soline Krug hat per Computer aus Porträts den idealen modernen Menschen - natürlich ist es ein Mann! - geschaffen, man könnte auch sagen geklont, so wie einst Polyklet um 440 v. Chr. mit seinem Doryphoros, dem Speerträger, den Kanon der idealen menschlichen Proportion festlegte. Dessen klassischen Kontrapost hat Aimo Gräven in seinen aus Hunderten von Actionfigürchen gebauten modernen Helden übersetzt, den er "Heroes & Villains" (Helden & Schurken) nennt.

Marlene Burz schickt ihre zeitgenössischen "Göttinnen I - IV" in die Konkurrenz mit den antiken Schönheiten. Ob sie der berühmten Venus von Milo standhalten können? Greta Mattulat dagegen erkannte die Fehlstellen in einigen Relieffriesen und schuf reizvolle "Lückenfüller", Gemälde nach antiken Tier- und Jagdmotiven der entsprechenden Zeitstellung. Die gewagte Gewölbearchitektur von Andreas Eichinger fiel statischen Gesetzen zum Opfer und erfuhr die rettende Metamorphose zu einer raumprägenden Bodenskulptur.

Von "Faszination und Wagnis" war die Rede im Akademischen Kunstmuseum; beides trifft zu. Doch nicht alle Arbeiten entsprechen dem Genius loci. Man kann sich allerdings sehr wohl auf das kühne Experiment einstellen. Allerdings - siehe oben - derzeit ist nichts mehr, wie es war!

Akademisches Kunstmuseum, Am Hofgarten 21, 53113 Bonn, bis 11. April; Di bis Fr 15-17, So 11-18 Uhr; Künslerführungen am 16. 2., 9. 3., 16. 3., 23. 3., jeweils um 11.15 Uhr

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