Universität Bonn Kunsthistoriker eröffnen ihr Paul-Clemen-Museum für die Abgusssammlung

BONN · Die Naumburger Uta und die "Ecclesia" vom Straßburger Münster kennt jeder Student der Kunstgeschichte. Sich ihnen physisch nähern zu können, sie mit dem Blick zu umkreisen, ohne extra nach Naumburg oder Straßburg reisen zu müssen oder anhand von Fotos wüst zu spekulieren, war den Bonner Studenten vorbehalten.

 Steinguss der sogenannten Fuststraßen-Madonna aus dem Dom- und Diözesanmuseum Mainz (um 1250). Das Kunstwerk zählt zu der Gruppe der "Schönen Madonnen". Der Guss ist Teil des neuen Paul-Clemen-Museums.

Steinguss der sogenannten Fuststraßen-Madonna aus dem Dom- und Diözesanmuseum Mainz (um 1250). Das Kunstwerk zählt zu der Gruppe der "Schönen Madonnen". Der Guss ist Teil des neuen Paul-Clemen-Museums.

Foto: Fischer

Seit über hundert Jahren wurde im späteren Kunsthistorischen Institut eine Sammlung von Gipsabgüssen weltberühmter Skulpturen zu Anschauungszwecken aufgebaut. 333 Gipse - eine sehr rheinische Zahl, wie Professor Harald Wolter-von dem Knesebeck anmerkte - umfasst die Studiensammlung trotz kriegsbedingter Abgänge und dank etlicher Ankäufe in der Nachkriegszeit.

Was bislang ein Privileg für Studenten war - etwa auch für Max Ernst, der einst in Bonn anhand von Gipsen Kunstgeschichte studierte -, kann nun von jedermann genutzt werden: Die Bonner Schätze werden öffentlich. Es solle vorerst das letzte neue Bonner Universitätsmuseum sein, kündigte Dekan Paul Geyer am Donnerstagabend an, bevor er im Südturm des Universitäts-Hauptgebäudes das Paul-Clemen-Museum des Kunsthistorischen Instituts eröffnete.

Nicht weit von der Eingangshalle im Südturm des ehemaligen Schlosses lag der im Krieg zerstörte glasgedeckte Skulpturenhof, in den Paul Clemen, erster Provinzialkonservator der Rheinprovinz und seit 1902 Nachfolger Carl Justis als Pro fessor für Kunstgeschichte der Universität Bonn, seine Gipsabgüsse stellte. Nach dem Krieg geriet die Sammlung in Vergessenheit, erst in 80er Jahren reaktivierte Heijo Klein die Schätze, 250 von ehemals 600 Gipsen hatten den Bombardierungen überstanden.

Knesebeck erinnerte an eine Ausstellung mit dem Titel "Gips nicht mehr" über Kunstwerke die durch Raub oder Zerstörung nur noch als Gips existieren und meinte, im neuen Clemen-Museum gebe es etliche "Gips-nicht-mehr-Gipse". Das neue Museum erstreckt sich von der von Klein eingerichteten Skulpturenhalle im Erdgeschoss bis zu den Institutsräumen im ersten Obergeschoss. Gotische Madonnen und Portalskulpturen bedeutender Kathedralen in Frankreich und Deutschland, ganze Tympana, reich skulpierte Giebelfelder, Abgüsse von Kapitellen und von filigranen Elfenbein-Tafeln, können besichtigt werden.

Eine echte Überraschung dann im "Lesesaal Kaiserplatz": Auf dem Sockel liegt eine Kopie des berühmten Urinoirs von Duchamp von 1917, eines der ersten Ready Mades. Ein kleiner Hinweis von Instituts-Chefin Anne-Marie Bonnet. Sie will zunehmend historische Kunst und Kunst der Gegenwart gegenüber stellen und so Diskussionen anstoßen. Den aktuellen Schritt hin zum Publikumsmuseum findet sie wichtig. Das Institut müsse sich öffnen, man müsse zeigen, was man hat, meinte sie. Sie hofft auch auf Förderer, die auf diesem Weg auf die Arbeit des Bonner Instituts aufmerksam werden.

Paul-Clemen-Museum der Universität Bonn, Regina-Pacis-Weg 1; Mo-Do 8-20, Fr 8-19 Uhr

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