Kölner Brahms-Abend Geigerin Isabelle Faust überrascht mit einer raren Kadenz

KÖLN · Die Geigerin Isabelle Faust gehört zu jener Spezies von Musikern, die mit einer besonderen Neugierde ausgestattet sind. Selbst wenn es um das Kernrepertoire für ihr Instrument geht, muss man sich daher auf Überraschungen gefasst machen.

 Isabelle Faust während der Probe zum Gastspiel Orchestre des Champs-Élysées in der Philharmonie.

Isabelle Faust während der Probe zum Gastspiel Orchestre des Champs-Élysées in der Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Nachdem sie bereits vor ein paar Wochen beim Beethovenfest in Bonn mit einer grandiosen Aufführung von Beethovens Violinkonzert überzeugt hatte, war sie nun in der Kölner Philharmonie in der Reihe der "Meisterkonzerte" mit dem Violinkonzert von Johannes Brahms zu hören. Dabei wurde sie wie schon in Bonn von einem Originalklangorchester begleitet, diesmal vom Orchestre des Champs-Élysées.

Das Ensemble spielte an diesem Abend, der mit Brahms' dritter Sinfonie eröffnet worden war, auf Instrumenten, wie sie zu Lebzeiten des Komponisten üblich waren. Das bleibt natürlich für den Orchesterklang nicht ohne Folgen. Trotz der großen Streicherbesetzung wirkte er äußerst filigran, und Dirigent und Orchestergründer Philippe Herreweghe musste gar nicht viel tun, um eine gute Balance zu den ausgezeichneten Holzbläsern zu halten.

Isabelle Faust fand sich hier ganz wunderbar ein, spielte ihren Part selbstbewusst, interagierte hellwach mit dem Orchester. Am Ende des ersten Satzes überraschte sie dann mit der virtuosen Kadenz, die von einem an- und abschwellenden Donnergrollen der Pauke begleitet wurde.

Geschrieben hat die originellen Takte übrigens Ferruccio Busoni. Möglicherweise inspiriert durch Beethoven, der in der seiner eigenen Kadenz zur Klavier-Version seines Violinkonzertes ebenfalls Pauken verwandte.

Dass der langsame Satz des Brahms-Konzertes zu einer regelrechten Gesangsszene wurde, war allerdings nicht nur dem lyrischen Ton der Geigerin zu verdanken, sondern auch dem fantastischen Solo-Oboisten des Orchesters. Im ungarisch temperamentvollen Finale gab sich Isabelle Faust dann feurig.

Auch das kann sie. Sie schien das Orchester förmlich mitzureißen, ließ die Töne gleichsam tanzen. Die Zugabe nach dem begeisterten Applaus war wieder eine Überraschung, nicht nur weil sie aus der Feder von Brahms' Antipoden Richard Wagner stammte: Nach ein paar einleitenden Takten des Orchesters hob Isabelle Faust an mit der Melodie des Duetts aus "Tristan und Isolde": "O sink hernieder, Nacht der Liebe". Zum Schluchzen schön.

Doch auch der erste Teil mit Brahms' F-Dur-Sinfonie hatte es durchaus in sich. Hier gefiel Herreweghes schnörkelloser Zugriff, der dem Werk auf der einen Seite eine schlackenlose Eleganz verlieh, andererseits aber auch sehr stimmungsvolle Momente zeitigte wie etwa in den sehnsuchtsvollen Streicherklängen des dritten Satzes.

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