Peter Baumann Beats aus der Tropfsteinhöhle

Die ersten Solo-Alben des Ex-Tangerine-Dream-Mitglieds Peter Baumann remastert auf CD.

 Peter Baumann hat die langen Haare aus Tangerine-Dream-Tagen eingebüßt, nicht aber die Passion für elektronische Musik.

Peter Baumann hat die langen Haare aus Tangerine-Dream-Tagen eingebüßt, nicht aber die Passion für elektronische Musik.

Foto: Cesar Rubio

Was für ein Einstand. Kaum hatten ihn Edgar Froese, Gründer und Kopf von Tangerine Dream, und Chris Franke in die Band geholt, wirkte der junge Organist Peter Baumann gleich an der dritten Platte, dem ersten Meisterwerk der Elektronik-Pioniere aus Berlin, mit: Das Doppelalbum "Zeit" erschien 1972. Ein Jahr später gelang der Wechsel zu Virgin Records, und die erste Hälfte der sogenannten "Virgin Years" mit der legendären Besetzung Froese-Franke-Baumann gilt als die musikalisch kreativste, bedeutsamste und stilprägendste Phase von Tangerine Dream (TD).

1976 veröffentlichte der hochtalentierte Baumann sein erstes Solo-Album "Romance 76", und bereits ein Jahr später verließ er zum Entsetzen der Fans das Trio der Klangmagier. Wie sich zeigen sollte, konnte ihm von den zahlreichen Nachfolgern allenfalls Johannes Schmoelling das Wasser reichen - zu ersetzen war Baumann niemals. Jetzt hat das kleine, feine englische Label Esoteric Recordings neben dem Debütalbum auch Baumanns zweite Soloplatte, "Trans Harmonic Nights" (1979), digital gemastert und in einer liebevollen Sammleredition auf CD neu veröffentlicht. Zwei Wiederentdeckungen, die sich überaus lohnen.

"Bicentennial Present" eröffnet das Album "Romance 76": ein treibender Sequencer, Baumanns sanftes Lachen und Tropenhaus-Geräuschwelten, die an das Stück "Fauni-Gena" vom TD-Album "Atem" erinnern. "Phase By Phase", mit siebeneinhalb Minuten das längste Stück, beinhaltet dramatische Röhrenglocken, komplexe Percussion und ein sphärisches Synthesizer-Thema - bedächtig, geheimnisvoll, gravitätisch. Die ehemalige B-Seite des Vinylalbums präsentiert sich als dreiteilige Suite, die Baumann mit Chor und Teilen des Philharmonischen Orchesters München in den Bavaria Studios eingespielt hat. Meisterhaft, wie Baumann in "Meadow Of Infinity" (Part II) aus den Untiefen reduzierter Ambientwelten einen zeitlosen New-Age-Themenkomplex aufschichtet. Schade bloß, dass er seine wunderbaren Arrangements jeweils auf etwa fünf bis sechs Minuten komprimiert.

Das gilt auch für sein zweites Album "Trans Harmonic Nights". Warum bloß hat Baumann einen Geniestreich wie "Chasing The Dream" nicht auf 20 Minuten ausgearbeitet? Ein Heer aus pulsierenden Sequencern, unwiderstehliche Tropfsteinhöhlen-Beats, synthetische Cembalosounds. Das erinnert trotz aller Eigenständigkeit bisweilen sehr an alte TD-Zeiten, ebenso wie "The Third Site" mit fernöstlichem Touch und experimentellen Elementen aus dem Klanglaboratorium. Faszinierend!

Peter Baumann: Romance 76 und Trans Harmonic Nights. Digital gemastert. Esoteric Recordings/Reactive

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Aus dem Ressort