Workshop mit Milan Sládek Sprechen Sie Pantomimisch? - Das wortlose GA-Video-Interview

BONN · In einem Workshop bringt der weltbekannte Milan Sládek Gehörlosen und Hörenden sprachlose Bewegungskunst bei. Als Pantomime tritt er gerne barfuß auf. Deswegen zieht er sich nach dem Workshop für Gehörlose und Hörende erst einmal Schuhe und Socken aus, um für den General-Anzeiger die Stadt Bonn ohne Worte zu beschreiben.

Milan Sládek im wortlosen GA-Interview

"Ich muss mich aber schminken", sagt er und geht in die Küche des Dialograums von St. Helena. Etwa 20 Minuten dauert es, bis er sich kreideweiß gepudert, seine Augen schwarz und die Lippen rot geschminkt hat. Er wechselt die Jeans gegen eine schwarze Stoffhose, über das enge T-Shirt zieht er ein Jackett. Nichts soll von seiner Gestik und Mimik ablenken.

Was ihm als allererstes zu Bonn einfällt?

Die Queen. Denn die Pose, mit der er ihren Bonn-Besuch beschreibt, hatte damals Oberbürgermeister Hans Daniels verärgert. Die Person, die er am liebsten nachahmt, ist Altkanzler Helmut Schmidt. Er atmet schwer und zieht an seiner imaginären Zigarette und geht sich mit der Hand durchs Gesicht.

Was er am Schlimmsten findet? - Die klischeehafte pantomimische Wand, die der hohen Kunst nicht entspreche.

Wenn Milan Sládek an Bonn denkt, hat er schöne Erinnerungen an die glamouröse Hauptstadtzeit. "Es war Kulturhauptstadt, mit vielfältiger Musik und Kunst", erzählt er. Mit dem Bonn-Berlin-Umzug sei dieses Flair ein bisschen verschwunden. Stolz wich Missgunst, weil man die Krone, wie er es darstellt, abgeben musste. Und heute? "Heute sind die Taschen leer", sagt er und greift in die leeren Taschen seines Jacketts. Sládek zuckt auf rheinländische Art mit den Schultern und lacht. "Aber was willst du machen?"

Sprachlose Bewegungskunst als Unterrichtsförderung

Die Verwandlung des Milan Sladek
20 Bilder

Die Verwandlung des Milan Sladek

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Dass Sládek nach Bonn kommt, ist dem Katholischen Bildungswerk zu verdanken. Mit dem Land NRW förderte es den Unterricht für Gehörlose und Hörende. "Es gibt so wenig Projekte, an denen diese beiden Gruppen gemeinsam teilnehmen können", sagt Annette Ziegert, die die Veranstaltungsreihe "Kultursommer" in der Bonner Nordstadt organisiert.

[kein Linktext vorhanden]Ohne die finanzielle Unterstützung und Ideen der Bürger hätte es Sládeks kostenlosen Kurs nicht geben können. "Alleine die Gebärden-Dolmetscher sind so teuer, dass wir sie uns nur für einige Stunden leisten können", so Ziegert. Drei Stunden an drei Tagen dauert der Workshop.

"Er fühlt sich sprachlos, wenn er mit Gehörlosen reden muss"

"Es ist schwierig, sich zu verständigen", sagt Milan Sládek. Auch wenn er als weltbekannter Pantomime die Kunst der Gesten perfekt beherrscht, fühlt er sich sprachlos, wenn er mit Gehörlosen reden muss.

Über einfache Inhalte kann er sich verständigen. So wie ein Teilnehmer erzählt, wie er es im Italienurlaub geschafft hat, sich mit Händen und Füßen zu verständigen. Sobald es aber komplexer wird, braucht die Gruppe eine Dolmetscherin. Es geht vor allem um Körpersprache und Raumgefühl.

Sládek hat viele taube Kollegen, die mit ihm auf der Bühne stehen. In seiner Heimat, der Slowakei, unterrichtete er drei Monate an einer Schule für Gehörlose. "Sie haben gelernt, mit ihren anderen Sinnen sensibler umzugehen, beobachten Dinge zum Beispiel viel detaillierter", sagt er.

Das sei eine gute Voraussetzung für einen Pantomimen. Es ist wichtig, sich das, was man dem Publikum zeigen will, genau vorzustellen. Deshalb probt die Gruppe mit geschlossenen Augen, eine Zitrone zu schmecken und Kaffee zu riechen. Auf den Lehrplan steht auch das Türöffnen. Mal ist der Arm zu "labberig", wie Milan Sládek sagt, mal verrutscht der Türknauf und der Bewegungsablauf stimmt nicht. Dann demonstriert er, wie es richtig geht.

Was ihn auszeichnet ist sein Raumgefühl

Das versucht er, so gut wie möglich in den wenigen Stunden seinen Schützlingen beizubringen. "Sie werden vermutlich keine Pantomimen", sagt Sládek. Trotzdem können sie das Gelernte im Alltag gebrauchen.

Eine Teilnehmerin möchte für Vorträge eine bessere Körperhaltung haben und auch ihre Zuhörer in der letzten Reihe für ihr Thema begeistern. Sie kann sich aber auch vorstellen, dass eine geschulte Gestik und Mimik es leichter macht, mit Flüchtlingen umzugehen, die kein Deutsch sprechen.

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