Wildgehege auf dem Venusberg Ein Einhorn auf der Waldau

Venusberg · Ein junger Damhirsch im Wildgehege an der Waldau trägt ein auffälliges Geweih. Sein Geweih besteht nur aus einem Spieß wie bei einem Einhorn.

In freier Wildbahn ist bis heute noch kein Einhorn gesichtet worden. Diese edlen Fabelwesen, die für das Gute stehen, scheinen tatsächlich ins Reich der Fantasie zu gehören. Oder doch nicht? Wer neugierig und mit offenen Augen an den Gattern auf der Waldau vorbeigeht, kann tatsächlich eins entdecken – wenn es sich mal wieder in die Nähe der Menschen traut.

Doch irgendwas stimmt nicht: Das Horn sitzt gar nicht auf der Stirnmitte. Es handelt sich nämlich um einen jungen Damhirsch, dem irgendwie die eine Seite seines frisch wachsenden Geweihs abhandengekommen ist. „Es kann durch Spaßkämpfe verloren gegangen sein“, sagt Stadtförster Sebastian Korintenberg. Vielleicht seien aber auch eine hormonelle Störung oder nur eine Laune der Natur der Grund für den recht einseitigen Look. Was den Burschen aber zum Glück nicht zum Außenseiter macht.

In der Fachsprache wird einsolcher Hirsch Spießer genannt

Allerdings zum Spießer: So nennt man die Tiere, die nur noch einen Spieß oben stehen haben. Bei den jungen Hirschen bildet sich meist im Februar erst einmal der Rosenstock, den sie ihr Leben lang behalten. „Danach kommt das Geweih“, sagt Korintenberg. Beim Einhorn ist das erst einmal eine Stange, zu der aber noch ein Ende hinzukommen könnte.

Dann wird aus dem Spießer ein Knieper. In den folgenden Jahren erst ein Löffler und dann ein Schaufler: Denn die Schaufel ist das typische Merkmal eines ausgewachsenen Damhirsch. Zum Glück ist dem Tier im Gehege nicht solch eine Seite abgefallen. Die wiegt laut Förster nämlich schnell mal sieben Kilogramm, sodass der Hirsch wohl Schlagseite bekommen hätte.

Bis Ende Juli wächst bei den Jungtieren nun das Geweih mit dem umhüllenden Bast – eine durchblutete Schutzhaut. „Anfang August wird der Bast abgefegt. An Trieben und jungen Bäumen“, sagt Korintenberg. Bei ausgewachsenen Hirschen geschehe das ab August bis September.

In dem Moment ist das Geweih fertig, „dann wird der Bast nicht mehr gebraucht“. Die Hörner aber um so mehr – für die Revierkämpfe in der Brunft ab Oktober/November. Da wollen die Männchen den Weibchen imponieren. Der stärkste Hirsch vertreibt am Ende die Konkurrenten vom Brunftplatz und wird Chef des Rudels. Die anderen Herren müssen aber nicht leer ausgehen, stehen für die Damtiere bereit, die zwischendurch das Rudel verlassen.

Die Hirsche werfen ihre riesige Schaufel einmal im Jahr ab, immer im April/Mai. Dann ist laut Förster der Testosteronwert im Keller. „Sofort fängt neues Geweih an zu wachsen. Der Testosteronspiegel steigt.“

Für den Spießer ist es mit der einen Geweihseite für dieses Jahr allerdings gelaufen. Er bleibt bis zum nächsten Frühjahr ein Einhorn. Und damit eine kleine Attraktion auf der Waldau.

Auch in Island machte jüngst ein "Einhorn" Schlagzeilen. "Einhyrningur" ist ein Schafsbock, der auf dem Hof der Bäuerin Porey Olafsdottir zu Hause ist. Seine Hörner sind zu einem Horn zusammengewachsen.

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