Bonner Stadtmusikfest Bummel im Takt von Klassik und Rock

Bonn · Das 2. Stadtmusikfest auf den Plätzen in der City begeistert die Zuhörer, bringt dem Handel aber nicht mehr Kundschaft. Jazz, Klassik, Rock und Weltmusik stehen auf dem Programm.

Es ist ein nahezu perfekter Samstag in der Bonner Innenstadt: Bei strahlendem Sonnenschein tummeln sich Tausende Menschen in den Straßen, bummeln, trinken Kaffee, genießen das bunte Treiben – und lauschen der Musik. Die sorgt beim Stadtmusikfest auf Münster-, Bottler-, Marktplatz und im Klanggrund am Bonner Loch mit einem abwechslungsreichen Programm für Aufsehen.

„Durch solche Aktionen ist Bonn doch erst so richtig lebenswert“, sagt etwa Elvin Ruic, der während seiner späten Mittagspause auf den Bottlerplatz gekommen ist. „Viele Menschen bekommen das auch mit – ich war zum Beispiel vorhin am Platz vor dem Frankenbad, da haben alle darüber geredet und gesagt, dass sie unbedingt noch in die Innenstadt wollen.“

Tatsächlich finden sich durchaus Bonner, die nur für das Stadtmusikfest gekommen sind. Etwa Maren Bräutigam, die mit einer Freundin zwischen den vier Bühnen hin- und herpendelt: „Ich finde das Angebot einfach großartig. Gerade an einem Tag wie heute ist das perfekt. Man kann in aller Ruhe durch die Stadt schlendern, gute Musik hören und einfach genießen.“

Kein messbarer Einfluss auf Kundenzahlen

Wobei das natürlich Geschmackssache ist. Eine Kellnerin des Café Bottler, die ihren Namen nicht nennen möchte, berichtet, dass der mitunter wuchtige Klang von der Bühne am Bottlerplatz, der einige Zuhörer zum ekstatischen Tanz bewegt, nicht bei all ihren Gästen auf Gegenliebe stößt.

Wie kommt das Stadtmusikfest überhaupt bei den Geschäftsleuten an? „Grundsätzlich begrüßen wir alle Veranstaltungen, die Menschen in die Innenstadt locken“, sagt Kaufhof-Geschäftsführer Harry Benzrath. „Ich finde es auch gut, wenn Musik die Plätze belebt – allerdings hat zumindest das Stadtmusikfest keinen messbaren Einfluss auf unsere Besucherzahlen.“ Andere Veranstaltungen würden sich da als weitaus stärkere Publikumsmagneten erweisen. „Wenn etwa Weihnachtsmarkt ist, ist auch hier im Kaufhof die Hölle los“, weiß Benzrath – was allerdings auch mit der konsumfreudigen Winterzeit zusammenhängen dürfte.

Im Sommer profitiert wahrscheinlich eher die Außengastronomie. „Wir merken schon, dass unsere Gäste länger sitzen bleiben, wenn ihnen die Musik gefällt“, sagt Miguel Oliveira vom Eiscafé La Dolce Vita, das einen direkten Blick auf die kleine Bühne vor dem Rathaus gewährt. Dort finden Passanten ebenso wie an den Tischen der anderen Lokale auf dem Marktplatz kaum einen freien Platz . „Ich finde das auch persönlich toll. Allerdings haben wir bei so einem Wetter immer extrem viel zu tun. Ob wir heute einen größeren Andrang haben, kann ich deshalb gar nicht so genau sagen.“

Einen merkantilen Effekt generiert das Stadtmusikfest also eher nicht – will es auch nicht. Vielmehr geht es Organisator Hans-Joachim Over und den Veranstaltern von Viertelbar, Musikstation, Jazzbäckerei und dem Netzwerk Ludwig van B. darum, auf die lokale und regionale Musikszene in all ihren Facetten aufmerksam zu machen, Neugier zu wecken und auch mal für die ein oder andere Überraschung zu sorgen.

Auftritt junger Musikschüler mit Potenzial

Solveig Palm, die mit dem Netzwerk Ludwig van B. auf dem Münsterplatz vor allem Schüler privater Musikschulen präsentiert, ist trotz durchaus noch ausbaufähiger Besucherzahlen zufrieden. „Wir sind ja jetzt zum ersten Mal dabei und für die Gelegenheit sehr dankbar. Die Rückmeldungen, die wir erhalten, sind sehr positiv, und die Musikschüler, die bei uns spielen, sind fantastisch und haben meiner Meinung nach eine große Zukunft. Der Tag hat sich für uns gelohnt.“

Parallel zu den Stadtmusikkonzerten geht in Bonn das übliche Samstagsgeschäft seinen Gang: Mehrere Initiativen nutzen die Gelegenheit, um zum Beispiel gegen Massentierhaltung zu protestieren oder für Unterstützung für Ärzte ohne Grenzen zu werben. Überall ist etwas los, schlägt der Puls einer Stadt, die angesichts mancher (Lärm-)Debatten gerne mal als verschlafen kritisiert wird, und die doch überaus lebendig sein kann.

Alle buhlen um Aufmerksamkeit, die Standbesitzer auf dem Marktplatz, die ihre Waren anpreisen, ebenso wie die Kurden, die mit einem Protestmarsch auf die Situation in der Türkei und in Syrien hinweisen. All das ist Bonn. Und auch wenn es immer noch besser werden kann, zeigt der Samstag doch, dass die Stadt aller Kritik zum Trotz so einiges zu bieten hat.

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