Bonner Stadtgeschichte Särge aus der Zeit der Merowinger

Bonn · Nur zufällig machten Architekten einen erstaunlichen Fund im Bonner Münster: Der verborgene Raum ist eine Gruft unter der Krypta, die 1928 bei Grabungen angelegt worden war.

Stadtdechant Wolfgang Schumacher sieht zu wie Reinhard Sentis und Sebastian Eckert die schwere Steinplatte über der Gruft hoch wuchten.

Stadtdechant Wolfgang Schumacher sieht zu wie Reinhard Sentis und Sebastian Eckert die schwere Steinplatte über der Gruft hoch wuchten.

Foto: Benjamin Westhoff

Schwerstarbeit für Reinhard Sentis und Sebastian Eckert: Zweimal mussten beide am Freitagmorgen ansetzen, dann erst bewegte sich die rund 100 Kilogramm schwere Bodenplatte Zentimeter für Zentimeter nach oben und gab den Blick in ein dunkles Gewölbe frei. „Vorsichtig“, mahnte Stadtdechant Wilfried Schumacher, „nicht, dass sich jemand verletzt!“ Tief verborgen im Boden unter der Krypta des Münsters haben die beiden Männer soeben eine rund 90 Jahre alte Gruft geöffnet.

Nur zufällig stießen die Architekten bei den vorbereitenden Untersuchungen für die Generalsanierung der Basilika auf diesen verborgenen Raum. „Wir wussten zwar, dass unter den Platten etwas liegt“, erklärte Schumacher. „Aber wir hielten es für einen Schacht, in dem in der wechselvollen Geschichte des Münsters die Gebeine der Stadtpatrone sicher untergebracht waren.“ Heute weiß er allerdings, dass diese Gruft etwas über die Bonner Stadtgeschichte sowie die des Münsters erzählt.

Särge aus der Zeit der Merowinger

Die 7,2 Meter breite, 2,6 Meter lange und 1,9 Meter hohe Kammer wirkt wie ein gerade fertiggestellter Rohbau mit Betondecke und Stützpfeilern. Vier Platten direkt vor dem Altar der Krypta liegen über dem Einlass. Da der Bereich wegen Vandalismus' in den vergangenen Wochen für Besucher gesperrt war, nutzten die Architekten die Gelegenheit, die schweren Steinklappen zu öffnen. Als nach 90 Jahren erstmals wieder jemand über eine Leiter hinunterkletterte, entdeckte man Särge aus der Zeit der Merowinger. Wie viele Menschen dort einst lagen? Das weiß man derzeit nicht. Aber: „Wir haben alle Überreste zusammengetragen und werden die Gebeine in einer angemessenen Form bestatten“, verspricht Schumacher.

Heute weiß er, dass die Gruft im Zuge der großen Grabungsarbeiten um 1928 angelegt worden war. Walter Bader ließ den Raum damals als Einstiegsschacht errichten, als er nach den Grundmauern der Apsis des Vorgängerbaus suchte. In Richtung Westen stieß man auf eine Cella Memorial (römischen Totengedächtnisstätte) sowie eine Vielzahl von Gräbern. Daher, so die Vermutungen, diente das jetzt entdeckte Gewölbe wohl auch dazu, Gebeine und Fundstücke zu lagern.

Schumacher hat schon konkrete Vorstellungen, wie der Raum in Zukunft genutzt werden könnte: „Ich würde mir wünschen, wenn wir daraus ein Columbarium machen.“ Die Idee unter dem Altar einen Raum für Urnen zu schaffen, sei allerdings erst ein Gedanke, „das muss noch genau überlegt und geprüft werden“.

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