Querpass zur Fußball-WM Dartpfeile in der Holztür

Meinung · Nach ihrem Ausscheiden bei der WM begeisterten die Japaner mit ihrer aufgeräumten Kabine und dem russischen "Danke", das sie auf einer Karte hinterlassen hatten. Wie es wohl nach dem Aus in der deutschen Kabine ausgesehen haben mag? GA-Redakteurin Tanja Schneider spekuliert:

 Ohne Headset nach Hause: Bundestrainer Joachim Löw und seine Co-Trainer Marcus Sorg und Thomas Schneider.

Ohne Headset nach Hause: Bundestrainer Joachim Löw und seine Co-Trainer Marcus Sorg und Thomas Schneider.

Foto: dpa

Hach, die Japaner. Es gibt ja nicht allzu viel, worüber sich die Menschen bei dieser WM ausnahmslos freuen. Erster englischer Sieg in einem WM-Elfmeterschießen – finden zumindest 50 Millionen Kolumbianer unerfreulich. Russland auf einer Woge der Euphorie – zahllose Demokraten rümpfen die Nase. Frühe Favoritenstürze – finden die Favoriten naturgemäß überschaubar pläsierlich.

Aber die Japaner: Hinterlassen nach einem Aus, wie es bitterer nicht hätte sein können, ein Kärtchen mit dem russischen Wort für Danke in einer blitzsauberen Kabine. Wären die Herren von der Fifa auf Zack, erhielten die Männer, denen so gar nicht zum Lächeln war, und ihre Fans, die auf der Tribüne aufräumten, wo andere Gäste Müll hinterlassen und Stühle aus der Verankerung reißen, einen Sonderpreis. Der Auf-zack-Gedanke führt beim Thema Fifa leider in eine Sackgasse, aber die Begeisterung über diese Picobello-Kabine eint die Fußballfreunde aller Nationen.

Wie mag es nach dem Vorrunden-Aus gegen Südkorea wohl in der deutschen Kabine ausgesehen haben? Man kann es sich ausmalen: An der Kabinentür hängen die Porträts sämtlicher Ex-Fußballer und Experten, die im Voraus gewusst hatten, woran das krachende Scheitern hinterher gelegen haben könnte. Mit einer gewaltigen Streuung stecken drumherum Dartpfeile in der Holztür. Die Trefferquote: Lausig.

In den umherstehenden Bechern noch die Reste eines vollkommen wirkungslosen Energy-Drinks. Auf dem beschlagenen Spiegel kleben Durchhalteparolen aus Kobe und Chicago. Auf der Spiegelablage ist ein ganzes Sortiment dunkelblauer Pflegeprodukte stehengeblieben, daneben eine leere Espressotasse.

Auf der Massagebank liegen Glamourzeitschriften – etwas abseits – ein kleiner Reiseführer: „Die schönsten Stadien der zweiten Liga“. Auch ein zerbrochenes Taktikboard hat der gestürzte Weltmeister achtlos in einer Ecke liegenlassen. Der Ärger hat seine Spuren hinterlassen, die Trauer auch. Der Mülleimer quillt über mit vollgeweinten Taschentüchern.

Die Putzkolonne im Stadion von Kasan arbeitet jetzt übrigens mit Headsets. Zwei von ihnen in Deutschland-Trikots. Mit den Nummern 10 und 21. Die haben, weil sie der Mission „Fünfter Stern“ schon seit ihrem ersten Auftritt kein Glück gebracht hatten, in einer Ecke gelegen. Einfach so #ZSMMNGKNDDLT

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