Senioren in Sankt Augustin Eine Melodie lässt die Erinnerung zurückkommen

Sankt Augustin · Der Sankt Augustiner Clown Michael Habert erfreut die Bewohner des CBT-Wohnhauses Sankt Monika. Für die Senioren ist er eine willkommene Abwechslung zum teils tristen Alltag.

 Irena Kalus freut sich über die Abwechslung durch Clown Michael Habert.

Irena Kalus freut sich über die Abwechslung durch Clown Michael Habert.

Foto: Isabel Günther

Singend und hüpfend bewegt sich Michael Habert durch die Flure des Seniorenheims CBT-Wohnhaus Sankt Monika in Sankt Augustin. „Ach, da ist ja der Clown“, sagt Margarete Fuchs, die gerade auf dem Weg zum Nachmittagskaffee ist. Spontan pustet Habert einen großen Luftballon auf und wirft ihn der 91-jährigen zu. Nach einem kurzen Ballwechsel schmeißt sich der Clown theatralisch auf den Boden, was die fröhlich gestimmte Bewohnerin zu herzhaftem Lachen veranlasst.

Seit drei Monaten tritt Michael Habert etwa zweimal im Monat für ein bis zwei Stunden im CBT-Wohnhaus als Clown in Erscheinung – zur großen Freude der Bewohner. „Ich gehe meistens auf zwei Stationen, entweder zu Menschen, die nur noch in ihren Zimmern wohnen können oder ich besuche diejenigen, die in den Fluren und Aufenthaltsräumen sind“, berichtet Habert. Wichtig sei dabei vor allem, auch die Bewohner zu besuchen, die nicht am gesellschaftlichen Leben des Seniorenheims teilhaben können, wie schwer demente und bettlägerige Menschen.

Sein beruflicher Hintergrund qualifiziert den 56-Jährigen für diese Tätigkeit: Habert ist nicht nur ausgebildeter Clown, sondern blickt ebenso auf 30 Jahre Erfahrung in der Pflege zurück – sowohl in der Altenpflege als auch in Behinderteneinrichtungen. Derzeit hat der Sankt Augustiner eine leitende Funktion in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen in Siegburg.

Dezente Kleidung

Seine Kostümierung hat Habert eher dezent gewählt. Neben der obligatorischen Clownsnase, die bei den Bewohnern für den Wiedererkennungswert sorgt, trägt er eine bunte Hose mit Hosenträgern, einen schwarzen Hut und eine dezente Gesichtsbemalung. Sein roter Koffer gefüllt mit Mundharmonika, Spieluhr, Singbuch und Konfetti rundet sein Outfit ab. „Am Anfang habe ich mich noch klassisch clownmäßig verkleidet mit Perücke und weißer Gesichtsbemalung. Das hat einige Menschen jedoch verängstigt“, erzählt er.

Vorsichtig schleicht sich Habert in das Zimmer von Anna-Maria Krämer. „Man muss immer schauen, in welcher Stimmung die Menschen sind und sich dementsprechend verhalten“, berichtet Habert. Die bettlägrige und demente Frau kann sich kaum artikulieren. Die Kommunikation findet nur über Blickkontakt und Händedrücken statt. Habert nähert sich ihr und streichelt liebevoll über ihr Gesicht. „Du schaust mich an, das ist schön“, sagt er in sanfter Stimmlage und holt eine Spieluhr aus seinem roten Koffer.

„Man merkt, dass etwas ankommt, das ist ein tollen Erlebnis. Das Schöne ist, dass beide Seiten davon profitieren“, erzählt er. Die Melodie scheint etwas in der 86-Jährigen zu bewegen. Ihr Blick wird klarer, ihre Hände umfassen die des Clowns. „Demenzkranke leben in einer anderen Welt, aber an Lieder und Melodien aus der Vergangenheit können sie sich erinnern“, berichtet Habert.

Nicht jeder reagiert positiv

Laut Seniorenheimleiterin Vera Druckrey öffne Habert die Herzen der Bewohner. „Er erzeugt gewisse Gefühlsregungen“, sagt sie. Dazu gehöre neben Freude und Lachen auch Trauer, beispielsweise, wenn sich Bewohner an frühere Zeiten erinnern. Jedoch reagiere nicht jeder Mensch auf den Clown gleichermaßen positiv. „Wir versuchen, unsere Bewohner durch verschiedene Komponenten zu erreichen“, berichtet Druckrey. Auch die hauseigene Labradorhündin Ella, zwei Esel und fünf Schafe sorgen für unterhaltsame Abwechslung im Alltag der Bewohner.

Habert macht sich auf den Weg in den Aufenthaltsraum, wo einige Bewohnerinnen Kaffee trinken. „Hier ist der Clown, kennt ihr mich noch?“, fragt Habert. „Ja klar!“, tönt es sogleich aus der Damenrunde. Für Lieselotte Redomski und Irena Kalus ist der Clown eine willkommene Abwechslung. Sie haben nur noch Augen für den lustigen Zeitgenossen, der allerlei spannende Dinge aus seinem roten Koffer holt, vor ihren Augen singt, herumalbert und Konfetti als „leckere Streusel“ über ihren Kuchen streut. „Als Clown darf man Dinge machen, die man sich sonst nicht traut“, erzählt Habert und macht sich summend auf den Weg, um den nächsten Bewohner zu erfreuen.

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