Serie Sankt Augustiner Köpfe Hartes Training und viel Disziplin

Sankt Augustin · Die Geschwister Shirina und Mika Einmal gehören zu den weltbesten Showdancern und sind amtierende Europameister.

 Sieg ar Tanzpaar Mika und Shirina Einmal Sankt Augstin

Sieg ar Tanzpaar Mika und Shirina Einmal Sankt Augstin

Foto: Holger Arndt

Die beiden Tänzer gehen in Position. Ihre weißen Trainingsjacken ziert die Aufschrift „Team Deutschland“. Mika stellt sich neben seine Schwester und greift nach ihren Händen. Shirina zählt an: „Eins, zwei.“ Sie springt vom Boden ab, Mika wirbelt sie herum und im nächsten Moment geht sie kopfüber auf seinem Rücken in die Grätsche. Mindestens so weit wie die 24-Jährige ihre Beine auseinander machen kann, so breit ist auch das Lächeln auf den Gesichtern der beiden Augustiner. Tanzen ist in der Familie Einmal nicht nur ein Hobby, sondern Beruf, Leidenschaft und Gesprächsthema Nummer eins. Zuletzt tanzte sich das Geschwisterpaar mit fünf weiteren Tänzern ihrer Gruppe „La Danse“ zum zehnten Platz bei der Weltmeisterschaft im Showtanz. Im Oktober konnten sie bereits den Sieg bei der Europameisterschaft in Russland feiern. Die Begeisterung fürs Tanzen kommt nicht von ungefähr: Beide Elternteile sind Standardtanz- beziehungsweise Gymnastiklehrer in einer Bonner Tanzschule und früher selbst bei Turnieren angetreten.

„Zugucken fand ich immer ganz blöd“, erzählt Shirina. Die Studentin hat bereits mit zwei Jahren das Tanzen angefangen: „Ich war immer mit in der Tanzschule bei meinen Eltern, und irgendwann war ich nicht mehr zu halten.“ Auch ihr fünfeinhalb Jahre jüngerer Bruder hat früh begonnen – mit drei Jahren. Die große Leidenschaft kam bei ihm aber erst später: „Als ich sieben oder acht Jahre alt war, habe ich ein Jahr pausiert und Fußball gespielt. Deshalb habe ich mir die Shows nur noch vom Publikum aus angeguckt und gemerkt, dass ich unbedingt wieder mittanzen möchte.“

Mittlerweile studiert Mika an der Sporthochschule Köln. Ob er mal Sportlehrer wird, oder vielleicht doch in die Politik geht, das hält sich der 18-Jährige noch offen. Shirina hat sich bereits entschieden. Sie ist in ihrem ersten Mastersemester für Sonderpädagogik auf Lehramt. Die Fächer: Deutsch und ästhetische Erziehung. „Früher habe ich überlegt, das Tanzen als Beruf zu machen, aber nie richtig ernsthaft“, erzählt sie. Mutter und Trainerin Manuela Einmal entgegnet: „Naja, also irgendwie hat ästhetische Erziehung ja schon mit Tanzen zu tun.“ Schwerpunkte sind dabei nämlich musikalische und bewegungsorientierte Praxiserfahrungen.

Künstlerische Aspekt steht im Fokus

„Durch mein Sportstudium erhalte ich viele Einblicke in unterschiedliche Sportarten. Dabei merke ich, wie viele Variationen das Tanzen bietet“, beschreibt Mika die Besonderheit seines Hobbys. „Durch das Training, die Turniere und auch die Fahrten zu den Meisterschaften gibt es ganz viele und immer wieder neue Herausforderungen“, ergänzt seine Schwester. „Es macht Spaß, auf der Bühne zu stehen und sich zu präsentieren“, sagt sie. Doch hinter der Selbstdarstellung und dem hohen Niveau steckt hartes Training, Disziplin und auch Verzicht. „In der Saison merkt man, das es nur das Tanzen gibt. Meine Freunde wissen, dass sie von August bis Dezember nicht so viel von mir zu erwarten haben“, erzählt Shirina. Die Geschwister seien es nicht anders gewohnt, dass jeder Freitagabend bis 21 Uhr mit Training verplant sei. Drei bis fünf mal die Woche und mindestens zwei Stunden lang trainieren die Geschwister. Mal steht Techniktraining, also Ballett, Jazz und Modern Dance auf dem Plan. An anderen Tagen wird die Choreographie mit der kleinen Tanzgruppe oder mit der großen Formation von etwa 60 Tänzern perfektioniert. Auch Duos und Solos gehören zum Repertoire der Geschwister Einmal. „Wir tanzen aber nicht karnevalistisch. Bei uns steht der künstlerische Aspekt viel mehr im Fokus“, erklärt Shirina. Showdance sei nämlich das Vertanzen einer bestimmten Geschichte. Zuletzt stand die Gruppe mit einer Choreographie zum Thema „Coffee to go“ auf der Bühne. Shirina hat dieses Jahr schon zum 14. Mal bei einer Weltmeisterschaft teilgenommen, doch Routine seien solche großen Auftritte noch nicht: „Nervös bin ich immer, aber es ist trotzdem nochmal ein Unterschied, ob man national auftritt oder vor Gruppen aus der ganzen Welt tanzt.“

Obwohl sie in einer Bonner Tanzschule groß geworden sind und in Köln studieren, ist der Lebensmittelpunkt der Geschwister Einmal in Sankt Augustin. Dort wohnen Freunde, Familie, und beide sind aufs Rhein-Sieg-Gymnasium gegangen. Zu diesem besteht auch heute noch enger Kontakt: Mika und Shirina wirken weiterhin bei der jährlichen Musicalveranstaltung mit, obwohl beide die Schule schon hinter sich haben. „Wir sind jetzt das neunte Mal dabei. Früher habe ich bei anderen Aufführungen sogar gesungen“, erzählt Mika. Wie lange die zwei noch so intensiv tanzen und in Sankt Augustin verwurzelt bleiben, ist ungewiss. Shirina wird 2018 ihr Referendariat beginnen: „Mal sehen, was dann zeitlich noch machbar ist. Und wo ich eine Stelle bekomme, kann ich mir eh nicht aussuchen.“ Mika wird erst mal weiter zuhause wohnen bleiben, er hat sein Studium gerade erst angefangen. Doch bis die Umzugskartons gepackt werden, möchten die beiden noch weitere Ziele in ihrer Tanzkarriere erreichen.

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