Es lauern die Aprilscherze Wenn der Schalk im Nacken kitzelt

SIEBENGEBIRGE · "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben sechs Richtige im Lotto!", sagt die Stimme am Telefon. Schön wär's. Aber da ist wohl "Herr Lirpa, Lirpa" am anderen Ende der Leitung. Lirpa, Lirpa? Drehen Sie das Wort um und Sie haben den Ausspruch, der bei den einen für schadenfrohes Gekicher und bei anderen für genervtes Seufzen sorgt: Es ist der 1. April.

 Nicht allzu Ernst nehmen sollte man so manche Geschichte am 1. April.

Nicht allzu Ernst nehmen sollte man so manche Geschichte am 1. April.

Foto: dpa

Der vermeintliche Lotto-Gewinn zählt wohl zu den Klassikern unter den Aprilscherzen - und klappt gerade deshalb oft nicht. Auch Monika Steinbach ist ihm nicht auf den Leim gegangen: "Mein Liebster war damals an der Strippe", erzählt die Bad Honnefer Stadtführerin, "die Stimme kam mir gleich bekannt vor."

Kuriose Ideen, mit welchen Nachrichten man die Honnefer in den April schicken könnte, sprudeln aus der Stadtführerin nur so heraus: "Man könnte das Traumland wieder eröffnen oder verkünden, dass ein anonymer Spender 50 Millionen Euro für den städtischen Haushalt gibt oder dass eine neue Quelle erbohrt wurde - das wäre vielleicht etwas, was den Honnefer in Wallung bringt", lacht die 63-Jährige.

Ein Honnefer, bei dem man meinen könnte, dass er so manchen gekonnt auf den Arm nimmt, ist der Komödiant Joy Burger. Doch weit gefehlt: "Ich bin nicht so ein In-den-April-Schicker", sagt der Artist. "Ich mache zwar Gags und Tricks, aber so zum ersten April hab ich das eigentlich noch nie gemacht."

Weil er Aprilscherze doof findet? "Nein, aber es hat etwas Gezwungenes, so auf Kommando, wie Karneval." Ulken solle lieber jeder, wann er will, meint Burger, denn: "Scherze sind gut, wenn sie entstehen, wenn es sich aus der Situation ergibt." Auf der Bühne sei das anders. Für ihn gehöre es zum Beruf, ein einstudiertes Programm abrufen zu können.

Und für Scherze im wahren Leben? "Da muss mich der Schalk jetzt grad im Nacken kitzeln." Das hat er einmal an Weihnachten: Da kam dem Pfarrerssohn die Idee, die Geschenke unterm Esstisch zu verstecken, verdeckt von einer großer Tischdecke. "Die Kinder haben Stielaugen gemacht, als keine Geschenke unterm Weihnachtsbaum lagen", erzählt Burger, "aber irgendwann haben wir es natürlich verraten." Und dann sei die Freude umso größer gewesen. Eben ein Aprilscherz zu anderer Jahreszeit.

Pünktlich zum 1. April hat derweil ein anderer Mann, der in der fünften Jahreszeit schon für viel Amüsement gesorgt hat, Freunde auf den Arm genommen. Büttenredner und Königswinterer Original Hänschen Remig lud einmal Bekannte ins Auto, um zum Fußballspiel des Bonner SC in den Sportpark Nord zu fahren. "Damals war ich noch im Beirat vom BSC", erzählt Remig. Am Stadion angekommen, wunderten sich die Freunde, warum sie allein auf weiter Flur waren. "Da war nix, es gab kein Spiel", lacht Remig. "Stattdessen sind wir dann in die Kneipe ein Kölsch trinken gegangen." Auf seine Rechnung versteht sich. Und so hätten die Bekannten es ihm auch nicht übel genommen.

Einen wahren Spießrutenlauf muss Franziska Müller-Luhnau regelmäßig am 1. April vollführen. Denn auf dem Schulhof hört die Leiterin der Drachenfelsschule Königswinter jede Menge Sprüche wie "Sie haben die Schuhe auf" oder "Sie haben was in den Haaren". Ob sie selbst denn dann auch trickst? Bislang nicht, aber: "Ich könnte ja den Kollegen mal sagen, es wär um 12 Uhr Schluss, aber das fänden die wahrscheinlich nicht witzig, wenn's dann nicht stimmt."

Ihr Vater habe aber immer Scherze getrieben. "Der hat mal einem Kollegen erzählt, dass er acht Kinder hat, vier Mädchen und vier Jungen, und hat in einem Stück die Namen runtergerasselt." Der Kollege hat es ihm abgenommen und sich beim nächsten Telefonat mit Franziska Müller-Luhnaus Mutter sehr verständnisvoll gezeigt, dass man bei so vielen Kindern sicher nicht viel freie Zeit habe.

Kurz gefragt April-Scherze haben etwas Befreiendes, sagt Gisela Heuser. Mit der Bad Honnefer Psychologin sprach Antje Hesse.
Warum legen wir andere Menschen gerne herein?
Gisela Heuser: Witze machen ist etwas Befreiendes, und jetzt im Frühling haben wir Lust, aus der Winterstarre und aus dem gewohnten Trott auszubrechen. Wenn wir jemanden hereinlegen, spüren wir diese Befreiung.

Welche Art von Scherzen funktioniert gut?
Heuser: Wenn man sich gut einfühlt in den anderen. Dann ist es auch ein Geschenk für denjenigen, wenn wir liebevoll versuchen, ihn aus dem Trott zu bringen, dass er mal aus seiner gewohnten Schiene entgleist.

Welche "Schiene" kann das sein?
Heuser: Eine, die den anderen blockiert, zum Beispiel wenn jemand sich immer Sorgen um sein Auto macht oder immer Angst hat, dass er zu spät kommt.

Wo hört der Spaß auf?
Heuser: Wenn man ein nicht-wohlwollendes Gefühl im Scherz unterbringen will und der Witz auf Kosten des anderen geht. Das spüren wir dann auch sofort im Bauch.

Scherzen Männer und Frauen unterschiedlich?
Heuser: Ich glaube, Männer neigen eher zu handlungsorientierten Scherzen, Frauen dagegen eher zur Gefühlsverwirrung. Also, Männer würden zum Beispiel der Oma erzählen, dass etwas mit ihrem Auto ist, damit sie tatsächlich nachgucken geht. Frauen würden eher den Anruf machen, dass die Oma im Lotto gewonnen hat.

Schicken Sie selbst auch gerne mal jemanden in den April?
Heuser: Ja, ich mache das sehr gerne! Meinem Mann habe ich mal erzählt, er hätte eine Reise in die Türkei gewonnen, weil er immer so damit beschäftigt ist, aus dem Alltag rauszukommen. Ich hab das den ganzen Tag durchgehalten, bis ihm irgendwann auffiel, dass der erste April ist.

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