Bäckerei Profittlich Christstollen made in Rhöndorf - Vom Rhein in die ganze Welt

RHÖNDORF · Welch ein Pech aber auch für die Queen. Als sie 1965 auf dem Petersberg logierte, hatte sie eigentlich die falsche Jahreszeit für den Staatsbesuch gewählt. So wurde Elisabeth II. damals im Mai denn auch Herrentorte aus dem Hause Profittlich gereicht.

 In die Mitte der Stollen legt Peter Profittlich eine Rolle Marzipan.

In die Mitte der Stollen legt Peter Profittlich eine Rolle Marzipan.

Foto: Frank Homann

Als mehrstöckige Variante zierte diese Spezialität die Tafel beim Galadiner und soll, der Überlieferung nach, der Queen vorzüglich gemundet haben. Auch nicht schlecht. Aber den Stollen hat die Königin schlichtweg verpasst. Und der bekam erst neulich von Gourmets und Liebhabern schöner Produkte sozusagen ein Krönchen verliehen als "einer von 99 Gründen, Deutschland zu genießen". Weltweit begehrt sind diese Pfunds-Dinger obendrein.

Genaugenommen könnte der aktuelle Stollen-Macher, Honnefs Vizebürgermeister Peter Profittlich, ein eigenes Flugzeug gebrauchen. Freilich nicht für die Termine auf heimischem Boden von Rhöndorf bis Honnef-Süd. Aber bei dem Bäckermeister und Konditor geht derzeit die Post ab. Im doppelten Wortsinne.

Morgens um 2 Uhr knipst er bereits in der Backstube das Licht an, und dunkel hinter den Fenstern wird es um 22 Uhr. Ein Ausnahmezustand, der für den Stollenbäcker von Anfang Oktober bis Mariä Lichtmess reicht. Kartons über Kartons stapeln sich im "Weihnachts-Pack-Zimmer", und auf den Adressschildchen stehen die abenteuerlichsten Anschriften.

Nach China und in die USA, nach Mexiko und Bolivien, nach Polen, Russland und in die Schweiz, nach Australien und Neuseeland, nach Luxemburg und Italien, nach Teneriffa und Japan, nach Frankreich und England treten Stollen aus dem Hause Profittlich die Reise an. "Da ist manchmal das Porto teurer als die Ware", weiß Peter Profittlich. Angefangen hat die Stollen-Mania auf allen Kontinenten mit den Botschaften.

"Früher haben wir die Stollen nach Bonn ins Auswärtige Amt gebracht, von dort aus gelangten sie in alle Welt." Selbst der Eiserne Vorhang konnte sie nicht bremsen, auch in der deutschen Botschaft in Moskau kam diese Delikatesse auf den Tisch.

Vielleicht haben die Nähe zu Bonn und der Standort Rhöndorf als Adenauer-Domizil dem Bekanntheitsgrad der Profittlichs noch etwas auf die Sprünge geholfen. Aber wenn diese Stollen nicht so munden würden, dann käme auch nicht gerade ein Herr aus Frankfurt in den Laden, um seine Bestellung abzuholen.

70 Stück für sich und die ganze Nachbarschaft. Und da würden nicht die eigens in der Adventszeit Sonderschichten fahrenden Damen aus der Familie und Saisonkräfte mehrere Dutzend Exemplare parat legen für den Kunden aus dem Ruhrpott, der ebenfalls jede Minute erwartet wird.

1,6 Tonnen Mehl verarbeitet Profittlich pro Stollensaison. Er muss seinen eigenen Butterberg haben. Allein 600 Kilo braucht er pro Woche. Aus Australien bezieht er die Sultaninen. "Andere kommen mir nicht in den Teig. Sie sind kernlos und handverlesen." Ihre Güte wird in Kronen von eins bis fünf ausgedrückt.

Der Rhöndorfer nimmt nur die mit der höchsten Anzahl für seine königlichen Stollen. Bevor der Meister sie ganz zum Schluss in den Teig knetet, müssen die Sultaninen allerdings ein Bad nehmen. Über Nacht werden sie mit gutem Rum getränkt. Profittlich legt ebenso wert auf feinst geschnittenes Zitronat, und die Mandeln müssen aus Kalifornien sein. "Es darf nicht ein Gewürz herausschmecken", sagt der Stollen-Künstler, mehr verrät er nicht.

Das Rezept ist Geschäftsgeheimnis. Und so ist es auch Chefsache, den Vorteig zu machen. Der muss, anders als der Bäcker, erst mal ein Stündchen ruhen. Dann kommen die weiteren Zutaten hinzu. "Ich habe jeden Stollen drei Mal in der Hand, bevor er fertig ist", erzählt Profittlich und schnappt sich den Teigklumpen, um ihn in Form zu bringen. Gekonnt schlägt er die Teiglappen übereinander. Der Stollen soll nämlich das gewickelte Christkind darstellen.

Top secret ist auch das Drumherum. Der Großvater des jetzigen Patrons ärgerte sich beim Weihnachtsfest stets über den mit Staubzucker verschmierten Anzug und legte dem Kuchen ein Mandelkrustenkleid an. Diese Schicht wurde mehr und mehr verfeinert. Ergebnis: nicht nur ein delikater Geschmack, sondern auch längere Haltbarkeit. So kann eine Stollensaison für den Genießer bis Ostern anhalten.

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