Theater „Demenzionen“ zu Gast in Bad Honnef Selbst das Rasierwasser ist aus der Zeit

BAD HONNEF · Das Theater „Demenzionen“ gastiert im Evangelischen Seniorenstift und führt in die Jugendzeit der Bewohner zurück: mit Blümchentapete und Musik aus dem alten Radio.

 Im Seniorenstift ging es zu wie in einem deutschen Wohnzimmer Ende der 50er Jahre.

Im Seniorenstift ging es zu wie in einem deutschen Wohnzimmer Ende der 50er Jahre.

Foto: Frank Homann

Blümchentapete, ein fein gedeckter Tisch, die Melodie „Wenn der weiße Flieder wieder blüht …“ erklingt aus dem alten Radio. Die Woche neigt sich dem Ende zu und die Vorfreude auf den Fernsehabend beim Nachbarn, der schon über einen Apparat verfügt, und auf den Sonntag tritt ein.

Auf der Bühne im Evangelischen Seniorenstift ging es zu wie in einem deutschen Wohnzimmer Ende der 50er Jahre. Damals war das Publikum selbst noch jung und trat nun mit dem Theater „Demenzionen“ eine Zeitreise in die Vergangenheit an. „Zu Hause ist’s doch am schönsten“ lautet der Titel des Stücks, das Theaterpädagogin Jessica Höhn mit ihren ehrenamtlichen Darstellern erarbeitet hat und in Altenheimen zeigt. Und auch die Bewohner des Stifts am Honnefer Kreuz hatten einen himmlischen Spaß und leuchtende Augen.

Sie wurden ja auch eingespannt in das Geschehen. Mal sollten sie mit der Mutter die weiße Wäsche spannen, dann dem Vater im Stück den Rasierspiegel halten. Sie stibitzten den frisch gebackenen Sonntagskuchen vom Blech. Und als die Mutter der Tochter in der Küche das Tanzen zum Schlager „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt‘…“ beibrachte, war das Publikum auch dabei.

Über Zeitungsannoncen hatte die Theaterchefin aus Köln ihre Akteure gewonnen. Hans Peter Breuer mimte den Vater, Gabriele Kirwald aus Sinzig die Tochter und Ursula Gläser die Mutter. Die Frau Mama auf der Bühne sorgte dann für zusätzliche Erheiterung. Sie hatte in Bad Honnef ein Heimspiel. Einige Bewohner erkannten die frühere Lehrerin an der Realschule Sankt Josef. Und Aenne Müller rief: „Die kenne ich. Das ist keine Schauspielerin.“ Trotzdem war sie wie alle anderen vom Spiel begeistert. Und eifrig sangen sie die Lieder aus dem Stück mit: „Mein Vater ist ein Wandersmann“, „So ein Tag“ oder „Hoch auf dem gelben Wagen“. Nicht nur die Kulisse stimmte, auch die Requisiten. Ein Roller und eine Schultasche aus der Zeit kamen zum Einsatz. Eine Milchkanne und ein Netz mit original verpacktem Persil. Selbst das Rasierwasser war stilecht.

„Damals wurde gern 'Tabac' genommen“, so Hans Peter Breuer. Er ließ die Leute daran riechen und gab ihnen selbst ein paar Tropfen auf die Hand. Breuer musste viel singen, denn der Vater aus dem Stück ist Mitglied eines Chores. „Ich bin mit Herz und Seele dabei und freue mich über die leuchtenden Augen der Zuschauer. Ich bin sensibilisiert, meine Mutter ist selbst in einem Seniorenheim“, begründete er seinen Einsatz. Auch Ursula Gläser, die ein weites Kleid im Stil der Zeit trug, ist jedes Mal von den Reaktionen ihres Publikums beeindruckt. „Das Leuchten in den Augen der Menschen ist bemerkenswert.“

Seniorenstift-Leiter Detlef Greiner engagierte das Theater schon mal für das nächste Stück. „Ich bin begeistert. Unsere Bewohner wurden in ihre Jugendzeit geführt. Erinnerungen kehrten zurück, auch bei unseren Hochbetagten und dementen Bewohnern.“

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