Bonner Sozialamt hortet 3 000 unbearbeitete Akten im Keller

Es geht um Unterhalts-Rückforderungen - Ab Mai wieder 50 Prozent Rabatt für Busnutzer mit Bonn-Ausweis

Bonn. Ab 1. Mai steigt der Bonn-Ausweis-Rabatt auf Fahrkarten für Bus und Bahn wieder auf 50 Prozent. Das hat die Stadt am Dienstag um 18.19 Uhr nach einem Gespräch von Sozialdezernentin Ulrike Kretzschmar, Kämmerer Ludger Sander, Stadtwerke-Chef Hermann Zemlin und Co-Dezernent Guido Kahlen bekanntgegeben.

Durch den höheren Rabatt entstehen für die Stadt 2005 Mehrkosten von rund 240 000 Euro. Hinzu kommen einmalige Umstellungskosten an Automaten von 40 000 Euro. Warum Nachlässe für Bonn-Ausweis-Inhaber schon vor mehr als einem Jahr heimlich auf 33 Prozent gesenkt wurden und der Stadtrat nichts davon wusste ( der GA berichtete), soll am Donnerstag im Stadtrat geklärt werden (ab 17 Uhr, Stadthaus). Zu erwarten ist, dass die Sozialdezernentin Rede und Antwort steht.

Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann ließ am Dienstag erklären, am politischen Willen, dass der Bonn-Ausweis 50 Prozent auf Fahrkarten biete, habe sich nie etwas geändert - insofern bestehe der Anspruch auf den Rabatt weiter. Damit sich Pannen wie diese nicht wiederholen, gab Dieckmann ihrem Führungspersonal den Rat, "weniger E-Mails und Faxe zu schicken, sondern mehr miteinander zu reden", übermittelte Stadtsprecher Friedel Frechen.

Unterdessen kommt die nächste Panne in Kretzschmars Dezernat ans Licht. Denn dort wurden 3 000 Akten nicht bearbeitet, wie die Stadt zugeben musste. Bei den Vorgängen geht es um unterhaltspflichtige Väter bzw. Mütter, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen. In diesen Fällen streckt die Stadt Bonn die Unterhaltszahlungen vor - und holt sie sich dann von den Unterhaltspflichtigen zurück. So war es zumindest vorgesehen.

"Dieser optimistische Vorsatz verkehrte sich jedoch in Wirklichkeit - bis heute andauernd - in sein Gegenteil", bemängelt das Rechnungsprüfungsamt (RPA). Erst lagen die 3 000 Altakten unbearbeitet im Jugendamt, und als sie im Frühjahr 2003 das Sozialamt übernahm, schmorten sie dort weiter. Da liegen sie bis heute, denn "die Bearbeitung der laufenden Unterhaltsfälle ging vor", so die Stadt.

Das einzige, was passierte: Die Akten wurden in einem Keller deponiert. Die Folge: Allein im Jahr 2003 stieg die Höhe der Außenstände durch nicht eingetriebenen Unterhalt von 718 000 Euro auf 1,43 Millionen Euro. Als Grund für die Untätigkeit wird Personalmangel angegeben, weil es statt drei nur zwei Sachbearbeiter gab - und einer davon mehr als eineinhalb Jahre krank war. Auch Meldungen ans Personalamt halfen nicht.

Dass die Stadt auf die entgangenen Gelder verzichtet, hält das RPA für unzulässig. Seine Forderung, "unverzüglich schnelle und wirkungsvolle Abhilfe" zu schaffen, ist inzwischen beim Personalamt angekommen. Im November sagte das Amt zu, die Akten würden dieses Jahr aufgearbeitet.

Dazu auch der Kommentar "Drei Pannen in einer Woche"

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