Demonstrationen Millionen Brasilianer fordern Rousseffs Rücktritt

Rio de Janeiro · Aufgeheizte Stimmung in Brasilien wenige Monate vor den Olympischen Spielen: Für Präsidentin Dilma Rousseff wird es immer schwerer, sich im Amt zu halten. "Dilma raus", ertönt es auf den Straßen des Landes.

 Etwa drei Millionen Menschen sind in Brasilien auf die Straße gegangen um Präsidentin Dilma Rousseff zum Rücktritt zu bewegen.

Etwa drei Millionen Menschen sind in Brasilien auf die Straße gegangen um Präsidentin Dilma Rousseff zum Rücktritt zu bewegen.

Foto:  Antonio Lacerda

Mehr als drei Millionen Menschen haben wegen der tiefen Krise in Brasilien für eine Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff demonstriert.

Das Portal "O Globo" berichtete unter Verweis auf Polizeiangaben von geschätzt bis zu 3,6 Millionen Teilnehmern - es waren die bisher größten Kundgebungen gegen die Präsidentin der linken Arbeiterpartei. Sie hat nur noch zehn Prozent Zustimmung. Hauptkritikpunkt ist ein Korruptionsskandal.

Zwar ist bereits ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet, aber wegen vieler Hürden und der bisherigen Mehrheitsverhältnisse im Kongress ist der Ausgang völlig offen und kann noch lange dauern. Es gab in über 300 Städten am Sonntag Proteste. In São Paulo, Hochburg der Opposition, protestierten bei einer der bisher größten Kundgebungen mindestens 500 000 Menschen, nach Schätzungen der Polizei waren sogar bis zu 1,4 Millionen in der Stadt. In Brasília waren es 100 000 und laut Organisatoren mehrere Hunderttausend in Rio de Janeiro.

Rousseff (68) ist bis Ende 2018 gewählt. Ihr Präsidentenpalast lobte in einer Erklärung den friedlichen Verlauf, man respektiere das Recht auf Meinungsfreiheit. Wenige Monate vor den Olympischen Spielen in Rio (5.-21. August) ist die Stimmung im fünftgrößten Land der Welt aufgeheizt, die Regierung kaum noch handlungsfähig. "Fora Dilma" - "Dilma raus", skandierten die Menschen im ganzen Land. Den für die Korruptionsermittlungen zuständigen Richter Sérgio Moro feierten hingegen die Demonstranten, die in den Landesfarben grün, gelb, blau die Straßen säumten und immer wieder die Nationalhymne anstimmten.

Allein gegen 57 Politiker wird mittlerweile in der sogenannten Operation Lava Jato (Auto-Wäsche) ermittelt. Dabei geht es um jahrelange Schmiergeldzahlungen an Politiker bei Auftragsvergaben des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras an Bauunternehmen, zum Beispiel für den Bau einer Bohrplattform. Gegen Rousseffs Amtsvorgänger und Förderer Luiz Inácio Lula da Silva laufen mehrere Verfahren, er bestreitet alle Vorwürfe. Ihm droht Untersuchungshaft und ein Prozess wegen Ungereimtheiten bei einem Luxus-Apartment an der Atlantikküste. Die Ankläger vermuten Geldwäsche und die Verschleierung von Vermögen.

Der Skandal hat das Vertrauen der Bürger in die seit 2003 regierende Arbeiterpartei schwer erschüttert. Die Opposition wirft Rousseff vor, vom Korruptionsnetz gewusst zu haben, was sie zurückweist. Sie war in Lulas Amtszeit (2003 - Anfang 2011) Ministerin und Kabinettschefin.

Zudem gibt es einen ökonomische Absturz (2015 minus 3,8 Prozent) und eine hohe Verschuldung, Brasilien droht die tiefste Rezession seit 1930. Die Zahl der Arbeitslosen stieg auf 9,1 Millionen. Rousseffs wichtigster Koalitionspartner, die Partei der demokratischen Bewegung (PMDB), droht mit einem Koalitionsbruch. Was dann passieren würde, ist unklar. Binnen 30 Tagen soll eine Entscheidung fallen.

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