Tödliche Überdosis: Altenpflegerinnen vor Gericht

Düsseldorf · Ein schwerkranker 104 Jahre alter Mann stirbt an einer Überdosis Schmerzmittel. Nun droht seinen Pflegerinnen eine Verurteilung wegen Mordes. Doch so schlimm wird es wohl nicht kommen.

 Land - und Amtsgericht Düsseldorf.

Land - und Amtsgericht Düsseldorf.

Foto:  Marius Becker/Archiv

Zwei Altenpflegerinnen sollen in Düsseldorf einen 104-Jährigen versehentlich mit einer Überdosis Schmerzmittel getötet haben. Seit Dienstag müssen sie sich wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht verantworten. Außerdem droht ihnen ein Berufsverbot.

Weil sie keine Hilfe gerufen haben sollen, als sie ihren Fehler bemerkten, hatte die Staatsanwaltschaft dies sogar als Mord gewertet. Doch das Düsseldorfer Landgericht hatte den Vorwurf noch vor dem Prozessauftakt am Dienstag in versuchten Totschlag abgemildert. Ein Gutachter hatte nicht ausgeschlossen, dass für den Mann ohnehin jede Hilfe zu spät gekommen wäre. Zugleich kündigte das Gericht an, dass der Mordvorwurf damit noch nicht endgültig vom Tisch sei.

Von seinem Sohn hatte sich der 104-Jährige bereits Tage zuvor verabschiedet, die Ärzte räumten ihm nur noch wenige Wochen Lebenserwartung ein und er selbst trug sich mit Suizidabsichten, soll sich dafür sogar eine Zyankalikapsel besorgt haben. Einen Tag vor Heiligabend 2014 starb der betagte Greis schließlich in einem Senioren-Wohnpark.

Die 35 und 51 Jahre alten Frauen hatten dem 104 Jahre alten Mann laut Anklage durch einen Dosierungsfehler die 100-fache Dosis seines starken Schmerzmittels verabreicht.

Eine der Pflegerinnen hatte laut Anklage dann bemerkt, dass die Atmung des Mannes aussetzte und ihre Kollegin gerufen. Dabei sei den Frauen der Dosierungsfehler aufgefallen. Die 51-Jährige sagte bei der Polizei aus, dass sie noch die Telefonnummer des Notarztes gewählt habe, als die jüngere Kollegin gesagt habe: "Nein, das machen wir nicht!" Daraufhin habe sie wieder aufgelegt, bevor das Gespräch zustande gekommen sei. Die 35-Jährige bestritt diese Version. Auf der Anklagebank schwiegen beide Frauen am Dienstag.

Der Heimleitung sei der Fehlbestand des starken Schmerzmittels aufgefallen, berichtete Staatsanwalt Matthias Ridder. Schließlich gestand die 51-Jährige, dass sie ihrer jüngeren Kollegin die viel zu hoch dosierte Spritze gegeben habe. Die 35-Jährige habe dann - ohne Kontrolle - die tödliche Dosis gespritzt.

Die Obduktion der Leiche bestätigte die Überdosis als Todesursache. Dass der Mann zufällig zeitgleich seine Ankündigung wahr gemacht und Zyankali geschluckt haben könnte, konnte durch eine toxikologische Untersuchung ausgeschlossen werden.

Für die beiden Frauen könnte die Sache schwere Folgen haben: Auch bei einer Verurteilung wegen versuchten Totschlags drohen ihnen zwischen sechs Monaten und gut acht Jahren Haft, errechnete Staatsanwalt Matthias Ridder.

Das Gericht unter Vorsitz von Richter Rainer Drees hält offenbar nichts davon, die beiden Frauen lebenslang hinter Gitter zu schicken. Vom Mordvorwurf sah die Kammer ab: Es könne den Frauen ja weniger darum gegangen sein, ihren Fehler zu vertuschen, als darum, das Leiden des Mannes in aussichtsloser Situation nicht zu verlängern. Das Gericht hat für den Fall vier Verhandlungstage angesetzt.

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