Interview mit Bonner Schuldezernentin Immer mehr Flüchtlingskinder besuchen Regelklassen

Bonn · Die Unterbringung der Kinder und Jugendlichen aus den Flüchtlingsfamilien in den Bonner Schulen und Kitas war für die Stadt Bonn ein Kraftakt. Mit der zuständigen Sozial- und Schuldezernentin Carolin Krause sprach Lisa Inhoffen.

Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich der Unterbringung von Flüchtlingskindern an Bonner Schulen?

Carolin Krause: Grundsätzlich haben in Bonn derzeit alle Kinder und Jugendlichen einen Schulplatz. Dies ist eine Momentaufnahme, die sich erfahrungsgemäß jedoch täglich ändern kann. Eine besondere Herausforderung ist, dass in den vergangenen zwei Jahren durch die Flüchtlingswelle 550 Kinder im Grundschulbereich und etwa 850 Kinder und Jugendliche im Sekundarbereich zusätzlich in Bonner Schulen aufgenommen werden mussten und dies in einer Situation, in der in Bonn angesichts ohnehin steigender Schülerzahlen viele Schulen räumlich an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Im Grundschulbereich werden die zugewanderten Kinder von Beginn an integrativ in Regelklassen beschult. Laut einer aktuellen Abfrage der Unteren Schulaufsicht bei allen Grundschulen benötigen derzeit 2 450 Kinder eine Förderung beim der Erwerb der deutschen Sprache. Diese Zahl ist keinesfalls gleichzusetzen mit der Zahl der Flüchtlingskinder in Grundschulen. Sie beschreibt vielmehr die quantitative pädagogische Herausforderung, vor der Grundschulen stehen, Kindern den Weg in die deutsche Sprache zu ebnen.

Und wie sieht es in der Sekundarstufe aus?

Krause: Seit Schuljahresbeginn 2016/2017 gab es in den Sekundarstufen I und II 825 Seiteneinsteiger aus 26 Ländern. Diese wurden an 27 Standorten in insgesamt 69 Klassen jedweder Schulform beschult. Insgesamt 37 Sprachfördergruppen wurden in der Sekundarstufe I angeboten, 32 internationale Förderklassen an Berufskollegs, darunter zwei Willkommensklassen an privaten Gymnasien und acht Vorklassen an der Abendrealschule, deren Angebot vor allem an junge Erwachsene gerichtet war. In diesen internationalen Vorbereitungsklassen stand der Erwerb der Deutschen Sprache im Mittelpunkt.

Reichen die Plätze in den Vorbereitungsklassen aus?

Krause: Ja. Die zunehmende integrative Beschulung im Regelschulsystem führt dazu, dass die Zahl der internationalen Vorbereitungsklassen von ursprünglich 69 auf 54 Klassen reduziert werden konnte. Diese Bonner Entwicklung korrespondiert mit der Vorstellung des Landes NRW, das inzwischen eine integrative Beschulung von Beginn an favorisiert. Das Gros der weiterführenden Schulen nimmt die Kinder daher – in Anlehnung an einen entsprechenden Erlass des Landes – integrativ auf. Wie der damit verbundenen beengten räumlichen Situation Rechnung getragen werden kann, ist eine Herausforderung des jeweiligen Einzelfalls.

Hat die Stadt Bonn Erkenntnisse, wie viele Flüchtlingskinder seit 2016 in Bonn einen Schulabschluss erworben haben? Wenn ja, wie viele unter ihnen haben Abitur gemacht?

Krause: Dazu liegen keine Zahlen vor, da die Kinder und Jugendlichen nach dem sogenannten begabungsgerechten Übergang Regelschüler werden.

Wie werden die jungen Flüchtlinge bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützt?

Krause: Für junge Flüchtlinge gibt es in Bonn zahlreiche berufliche Beratungs- und Unterstützungsangebote. Die Beratung hinsichtlich einer Ausbildungsaufnahme erfolgt durch die Berufsberatung der Agentur für Arbeit. Dies geschieht in Schulklassen, den Räumlichkeiten der Agentur für Arbeit, dem Integration Point oder der Jugendberufsagentur im Jobcenter Bonn. Dieser Beratungsprozess wird unterstützt durch die Beratungsstelle für Jugendberufshilfe des Bonner Jugendamtes. Sie bietet zusätzliche sozialpädagogische Einzelfallhilfen auf dem Weg von der Schule in den Beruf und kooperiert dabei sehr eng mit Schulen, Agentur für Arbeit und Jobcenter.

Wie ist die Situation in den Kitas? Konnten alle Flüchtlingskinder einen Platz erhalten?

Krause: Grundsätzlich unterscheidet die Stadt bei der Vergabe von Kindergartenplätzen nicht danach, ob ein Kind Fluchterfahrung hat oder nicht. Jedes Kind, das in Bonn lebt, soll auch einen Kindergarten besuchen können. Zu dem Zeitpunkt, als viele Familien, die neu zugezogen sind, zentral untergebracht wurden, wurde verstärkt die Möglichkeit angenommen, mehr oder weniger unverbindliche Betreuungsangebote in den Unterkünften zu nutzen.

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