Stadtwerke Bonn Bonn könnte erste deutsche Stadt sein, die auf Strom umsteigt

BONN · Keine Kompromisse und keine Feigenblätter mehr: Die Stadtwerke Bonn (SWB) wollen wissen, ob ein komplettes Umrüsten ihrer Busflotte auf Elektroantrieb sinnvoll ist und starten eine große Studie.

 Zwei Verkehrsmittel der Stadtwerke nebeneinander: Der Linienbus fährt (noch) mit Diesel, die Straßenbahn mit Strom. Vielleicht ist die Diesel-Ära bald vorbei.

Zwei Verkehrsmittel der Stadtwerke nebeneinander: Der Linienbus fährt (noch) mit Diesel, die Straßenbahn mit Strom. Vielleicht ist die Diesel-Ära bald vorbei.

Foto: SWB/MARTIN MAGUNIA

"Ich will wissen, ob und unter welchen Rahmenbedingungen man komplett auf Elektrobusse umstellen kann", sagt Heinz-Jürgen Reining, der zuständige SWB-Geschäftsführer. Und zwar im kompletten Busnetz - wenn es die Studie denn hergibt. Wenn nicht, wollen die Stadtwerke weiter auf Diesel-Busse setzen.

Damit hat Reining nach dem Erfolgsprojekt der runderneuerten alten Stadtbahnen (der GA berichtete) ein weiteres mögliches Zukunftsmodell im Blick. Und ist zuversichtlich, zu verlässlichen Ergebnissen zu kommen, denn für die einjährige Untersuchung wurden kompetente Partner gewonnen.

Federführend ist das Fraunhofer-Institut, dazu kommen der TÜV, die Stadt Bonn sowie je ein Hersteller von Bussen und Antriebssystemen. Sie teilen sich die Kosten von 100 000 Euro. "Das ist gut angelegtes Geld, denn die Studie soll auch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für eine mögliche Umrüstung beantworten", findet Reining. "Ich bin froh, dass ich so namhafte und gleichzeitig unabhängige Kooperationspartner für diese Machbarkeitsstudie gewinnen konnte."

Warum die Stadtwerke als erste deutsche Stadt, so Reining, ganz offensiv an die Sache gehen: Bei 40 000 Buskilometern, die pro Tag in Bonn gefahren werden, schlägt der Diesel-Einkauf mit sieben Millionen Euro pro Jahr zu Buche - Tendenz weiter steigend in Richtung zehn Millionen. "Dabei produzieren wir den Strom als Treibstoff selbst. Könnten wir ihn für Elektrobusse nutzen, bliebe das Geld im eigenen Haus." Aufladen könne man die Busse nachts, wenn genug Strom verfügbar sei. Zusätzlich ließen sich die Wartungskosten um fast eine Million Euro jährlich senken, weil die Elektro- anders als Verbrennungsmotoren bestimmte Verschleißteile nicht mehr besitzen.

Andere Städte wie Berlin setzen auch auf Elektrobusse (jedoch nur auf einer Linie), allerdings auch auf berührungslose Ladesegmente an den Haltestellen, damit die Batterien zwischendurch geladen werden und weiter als 60 Kilometer reichen. Reining spekuliert auf einen anderen Weg: "Die Kapazität der Batterien muss so hoch sein, dass sie ohne weitere Ladung den ganzen Tag halten." Und dabei seien die Chinesen den Europäern deutlich voraus. Man habe einen chinesischen Hersteller gebeten, ein Probefahrzeug zur Verfügung zu stellen, welches das möglich mache.

Und man wolle auch die Fühler nach Bonns Partnerstadt Chengdu ausstrecken, um zu einer Kooperation zu kommen. Denn dort fahren laut Reining schon 200 solcher E-Busse mit entsprechend ausgelegten Batterien. "Die Chinesen sind in der Hinsicht viel weiter, während die deutsche Industrie noch auf perfektionierte Verbrennungsmotoren setzt."

Die Studie soll sich auch mit jeder Bonner Linie einzeln beschäftigen und natürlich auch mit den Investitionskosten für eine neue E-Busflotte. "Von der Idee, Batterien an den Haltestellen aufzuladen, bin ich persönlich weg", sagt Reinig. "Aber auch das wird untersucht." Eine Umsetzung der Ergebnisse käme allerdings frühestens ab 2015 in Betracht.

Reining hat bei seinen Vorgesprächen mit den Lokalpolitikern schon Unterstützung für die Idee erhalten. Kein Wunder: "Wenn wir das nicht untersuchen würden, fände ich das fahrlässig." Welche Chancen er sich ausrechnet für eine Umrüstung der Flotte? "Ich persönlich rechne mit einer Wahrscheinlichkeit von 60:40."

Dass die E-Busse Probleme mit dem Antrieb haben könnten, glaubt man bei den SWB nicht. "Die Technik funktioniert ja längst in allen Bahnen." Die entscheidende Frage werde sich wohl auf die Batterien konzentrieren. "Meine Vision wäre", so Reining, "dass Bonn als erste Stadt in Deutschland komplett auf E-Busse umstellt und wir ein Joint Venture zwischen einem deutschen Bushersteller und einem chinesischen Batteriehersteller initiieren."

Sollte das nicht funktionieren, werde man zumindest die nächsten zehn Jahre weiter auf die bewährten Dieselmotoren setzen. Eine Nutzung von Stromoberleitungen - den früheren O-Bussen - ist nicht im Gespräch. Die beiden Erdgasbusse, die die SWB noch im Dienst hatten, wurden übrigens zwischenzeitlich verkauft. Sie hatten Probleme mit Reichweite, Betankung und Fahrverhalten, denn der Tank war auf dem Dach montiert.

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