Lebensretter Adenauers Anna Klassen hat eine Facharbeit über die Tat ihres Urgroßvaters geschrieben

BONN · Ihr Urgroßvater hatte einst Konrad Adenauer das Leben gerettet. Darauf kann Anna Klassen durchaus stolz sein, aber sie bleibt da sachlich. "Ich denke, dass viele andere Leute auch daran beteiligt waren", so die 16-Jährige. Etwa der Arzt, der Adenauer damals die Flucht vor den Nazis aus einem Kölner Krankenhaus ermöglicht hatte.

 Konrad Adenauer lief am 9. März 1945 über die Terrasse seines Hauses (links). Peter Klassen verhinderte, dass auf "den Alten" geschossen wurde. Seine Urenkelin Anna nahm die Geschehnisse näher unter die Lupe und konnte dazu auch ihren Großvater Ludwig befragen.

Konrad Adenauer lief am 9. März 1945 über die Terrasse seines Hauses (links). Peter Klassen verhinderte, dass auf "den Alten" geschossen wurde. Seine Urenkelin Anna nahm die Geschehnisse näher unter die Lupe und konnte dazu auch ihren Großvater Ludwig befragen.

Foto: Knopp

Die Tat ihres Urgroßvaters Peter Klassen ist dokumentiert, und deshalb konnte sie darüber auch eine Facharbeit für den Leistungskurs Geschichte an der Liebfrauenschule schreiben. Deshalb, und weil sie mit ihrem Großvater, dem Rechtsanwalt Ludwig Klassen, einen direkten Zeitzeugen befragen konnte.

Seinen Enkelkindern habe er öfters Geschichten von damals erzählt, vom Krieg und wie er ihn in Bonn erlebt hat. Dazu gehörte auch eine Gegebenheit, die sich am 9. März 1945 ereignet und an die sich Anna erinnert hatte: Nach der Bombardierung der Stadt kam Peter Klassen, damals Stabsarzt in zwei Bonner Krankenhäusern, mitsamt seiner Familie in der Villa Kehr in Rolandswerth unter. Dort, direkt am Rhein, erhielten sie vormittags Besuch von US-Soldaten, die dort eine Beobachtungsstation für den Granatenbeschuss der rechten Rheinseite einrichteten, die noch von deutschen Soldaten kontrolliert wurde.

Peter Klassen habe dann festgestellt, was der Offizier, der Informationen weitergab, beschießen lassen wollte: Zunächst die Insel Nonnenwerth, in der damals ein Lazarett untergebracht war. "Ich habe eine lebhafte Erinnerung an dieses Gespräch", sagt Klassens Sohn Ludwig, der damals als Elfjähriger dabei war. "Mein Vater sagte: Das können Sie doch nicht bombardieren, das ist ein Krankenhaus." Auch den Beschuss eines Bootes, das zwischen der Insel und dem Festland verkehrte, konnte Klassen verhindern.

"Dann meinte der Offizier, da laufe jemand auf einer Terrasse hin und her", erinnert sich der 79-Jährige. Die ersten Granaten waren schon abgefeuert, als Peter Klassen wieder dazwischen ging. Er habe dem Mann gesagt, das sei Konrad Adenauer, und von dessen Leben und seinen Widerstand gegen den Nationalsozialismus erzählt. Daraufhin habe der Offizier auch diesen Beschuss eingestellt.

Dokumentiert ist das Geschehen zum einen in Adenauers eigenen Erinnerungen, die veröffentlicht worden sind, zum anderen in einem Briefwechsel, den Anna in ihrer Arbeit unter die Lupe genommen hat. Genau zehn Jahre nach dem Ereignis hatte Peter Klassen in einem Brief an Adenauer an eben dieses erinnert, und der erste deutsche Bundeskanzler hatte ihm in einem Antwortschreiben die Geschehnisse bestätigt. Für sie sei es vor allem darum gegangen, die Authentizität der Geschehnisse darzustellen, sagt die Schülerin.

"Ich finde es toll, dass sie das macht", sagt Ludwig Klassen über die Arbeit seiner Enkelin. Seine Erinnerungen vom Krieg wolle er gerne einmal niederschreiben. Vielleicht hilft ihm Anna dabei.

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