Verbraucher zahlen hohe Umweltabgaben

Zwischen 1995 und 2005 steigen umweltbezogene Steuern in Deutschland überproportional an. Während die Industrie von Ausnahmen profitiert, sind die Privathaushalte die ökonomischen Verlierer der Klimadebatte

Verbraucher zahlen hohe Umweltabgaben
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BONN/WIESBADEN. Zumindest ein konkretes Ergebnis hat die Umwelt- und Klimadebatte in Deutschland gebracht: Umweltbezogene Steuern und Abgaben tragen heute einen wesentlich größeren Anteil zur Staatsfinanzierung bei als noch Mitte der 90er Jahre. Dagegen haben sich die staatlichen Ausgaben für den Umweltschutz in dieser Zeit kaum verändert. Das geht aus entsprechenden Daten des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden hervor.

Während die gesamten Steuereinnahmen in Deutschland zwischen 1995 und 2005 laut Statistikamt um 17,5 Prozent auf 489 Milliarden Euro stiegen, legten die Umweltsteuern in dieser Zeit mehr als doppelt so stark, nämlich um 37,3 Prozent auf 55 Milliarden Euro zu. Die staatlichen sowie von öffentlichen Unternehmen geleisteten Umweltschutzausgaben liegen dagegen zwischen 1994 und 2003 nahezu konstant bei jährlich rund 26 Milliarden Euro. Neuere Zahlen sind nicht verfügbar.

Als Umweltsteuern gelten in der EU Energiesteuern, Verkehrsteuern, Steuern auf Umweltverschmutzung und auf Ressourcen. In Deutschland zählt das Statistische Bundesamt zu den umweltbezogenen Steuern die Mineralölsteuer inklusive Ökosteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Stromsteuer.

Seit 2004 sind die Umweltsteuern wegen des gesunkenen Spritverbrauchs und des dadurch niedrigeren Mineralölsteuer-Aufkommens von 57 Milliarden Euro wieder um knapp zwei Milliarden Euro gesunken.

Ein wesentlicher Kostenfaktor bei den Öko-Abgaben sind neben den Umweltsteuern inzwischen die staatlich verordneten Preise für Strom aus erneuerbaren Energien. Nach Angaben des Verbands der Netzbetreiber haben die Energiekonzerne den Erzeugern für die Einspeisung von Ökostrom im vergangenen Jahr knapp fünf Milliarden Euro gezahlt, nach 4,4 Milliarden Euro im Vorjahr. Nach den Prognosen der Netzbetreiber werden sich die Kosten für Ökostrom bis 2012 auf über neun Milliarden Euro jährlich fast verdoppeln.

Eine Kilowattstunde Solarstrom kostet derzeit mit knapp 50 Cent bei der Einspeisung ins Netz mehr als das Zehnfache von Kohle- oder Atomstrom. Die Energiekonzerne bleiben allerdings nicht auf den Kosten für den Ökostrom sitzen, sondern reichen den zusätzlichen Aufwand in Form höherer Strompreise an die Verbraucher weiter.

Auch für ihre Kohlendioxid-Emissionen bezahlen die Energiekonzerne bisher nichts. Dabei kamen im vergangenen Jahr aus den Kohlekraftwerken 325 Millionen Tonnen Kolendioxid - das entspricht 37 Prozent der gesamten energiebedingten CO2-Emissionen Deutschlands.

Geplant ist jetzt in Deutschland die Einführung einer CO2-Steuer, die aber wohl nur für die Autofahrer und nicht für die Kraftwerksbetreiber oder die Industrie gelten wird. Die Verbraucher stehen schon heute als ökonomische Verlierer der Klimadebatte in Deutschland fest.

Die Industrie profitiert dagegen nicht nur bei der Energieerzeugung, sondern auch beim Verbrauch von Ausnahmen: So muss etwa die Chemieindustrie für Prozessenergie keine Ökosteuer zahlen. Gewinner der Klimadebatte sind auch die Fluggesellschaften, weil auf Flugbenzin keine Mineralölsteuer erhoben wird, während andere Verkehrsträger durch steigende Belastungen im Wettbewerb zurückfallen.

Die Subventionierung von Ökostrom sorgt zudem dafür, dass Branchen wie die Solarindustrie gute Geschäfte machen können - nicht nur deutsche Firmen wie die Bonner Solarworld, sondern auch Anbieter aus Fernost profitieren von den Garantievergütungen.

Wohin die Reise geht, hat die Europäische Kommission kürzlich an den Steuern für Lkw-Diesel deutlich gemacht. Um den Tanktourismus einzudämmen, wurden nicht etwa Länder wie Deutschland aufgefordert, ihre Steuern zu senken, sondern Länder wie Luxemburg, ihre Steuern zu erhöhen.

Europaweit wird die Klimadiskussion inzwischen als finanzpolitische Chance begriffen. "Die Bürger sind noch am ehesten bereit, Steuern für den Umweltschutz hinzunehmen", so EU-Steuerkommissar László Kovács.

Ökonomen sehen die massiven staatlichen Interventionen, mit denen der Klimaschutz organisiert werden soll, kritisch. Es bestehe die Gefahr, wichtige Marktmechanismen außer Kraft zu setzen und damit den Motor des Wohlstands abzuwürgen. Bei Vorschlägen, Glühbirnen durch Energiesparlampen und Fernreisen durch Deutschlandurlaube zu ersetzen, fehle das Effizienzdenken, kristisiert etwa das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW).

Wenn es darum gehe, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel CO2 zu sparen, wären laut IW ein Tempolimit oder längere Laufzeiten für Atomkraftwerke unter Umständen sinnvoller.

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