Die Zukunft des Ski-Sports im Zeichen des Klimawandels

Es wird auch wieder gute Winter geben. Doch selbstverständlich bereitet sich der Deutsche Ski-Verband längst auf grundlegende Veränderungen vor

Die Zukunft des Ski-Sports im Zeichen des Klimawandels
Foto: dpa

BONN. Schneeballschlacht im frühsommerlichen April? Kein Problem. Auch wenn die rare weiße Pracht ihren Preis hat. 70 Euro kostet der Kubikmeter; ab zehn Kubikmeter, also eine Lkw-Ladung voll, wird's die Hälfte billiger.

Als Schnäppchen hat das "Alpincenter Bottrop", eine der mittlerweile sechs deutschen Skihallen, gar "Schnee von gestern" im Angebot: Der Zehn-Liter-Eimer kommt den Selbstabholer nur noch fünf Euro. Doch natürlich ist das auf Dauer keine Lösung für diejenigen, die zur Bewältigung ihrer sportlichen Aufgaben erklärtermaßen auf Schnee angewiesen sind.

Im vorigen sogenannten Winter sind an die 30 Weltcup-Wettbewerbe in den Sportarten Langlauf, Skispringen, Alpinski, Nordische Kombination, Freestyle-Skifahren und Snowboard ausgefallen. Noch einmal so viele mussten an anderer Stelle, ein weiteres Dutzend zu einem neuen Termin durchgeführt werden. Das hat nicht nur Athleten und Veranstalter nervös gemacht.

Es hängt auch ein kompletter Wirtschaftszweig, der den Sport mitfinanziert und Einbussen bis 40 Prozent hat, an diesem dünnen Faden. Kurz: Klimatisch war es der schwierigste Winter aus Sicht des Internationalen Skiverbandes (Fis).

"Einen einzigen solchen können wir vielleicht verkraften", sagt Fis-Präsident Gian-Franco Kasper. "Aber es wird gute Winter brauchen, um sich wieder erholen zu können." Was also tun angesichts der verheerenden Prognose?

Eine gute Frage, finden die Verantwortlichen - und geben sich auf den ersten Blick schicksalsergeben. "Nichts dramatisieren. Abwarten und schauen, wie sich die Situation entwickelt", empfiehlt Kasper. "Extreme hat es immer gegeben." Ähnlich sieht es Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Ski-Verbandes (DSV).

"Wir hatten vorher zwei Traumwinter", sagt er. "Vor einem Jahr haben wir über unter den Schneemassen eingestürzte Hallen diskutiert." Und doch nehmen beide die Zukunft natürlich nicht so naiv an, wie sie klingen.

Schon seit 1986 hat der DSV einen Umweltbeirat aus Politik, Wirtschaft und Forschung. Nur dessen Themen haben sich verändert. War es zunächst eher die Verträglichkeit zwischen Infrastruktur und Natur, so sind es nun schon seit längerem Fragen des Klimas.

Vor allem die eine: Was wird aus den Mittelgebirgen? Von hier - und damit seit Jahren zurückgehend - bezieht der DSV den Großteil seines sportlichen Nachwuchses. Es ist, so sagt DSV-Umweltreferent Tobias Luthe, das "Trittsteinbiotop", das erst zum alpinen Skiraum führe.

Da greife schon seit 2001 das DSV-Programm "Nordic aktiv". Es soll dafür sorgen, dass sich der Nachwuchs nicht nur auf der Skipiste austoben kann. Nach dem Motto: Wenn Schnee da ist, gut - wenn nicht, macht auch Walking Spaß.

Das funktioniert im Breitensport schon ganz prima. Doch für den Leistungssport ist das keine Lösung. Ebenso wenig wie der Kraftakt dieses Winters, mit 90 Lkw-Ladungen Eis aus Bremerhaven Langlauf in Thüringen zu ermöglichen. Oder die Idee, Wettbewerbe in Hallen zu verbannen.

In Neuss hat es schon Europacup-Rennen der Alpinen gegeben. Aber im großen Stil lehnt das auch Fis-Präsident Kasper ab, der langfristig eher den Polarkreis oder höhere Lagen wie den Himalaya im Auge hat. Neue Sportarten wird es nicht geben. Die Springer fliegen zwar sommers von Mattenschanzen, doch Biathlon auf Rollen reicht nur zum Grundlagentraining.

Eine neue ganzjährige und erstklassige Trainingsmöglichkeit hierzulande wird dagegen der erste, 20 Millionen Euro teure Skitunnel sein, der in den nächsten Monaten in Oberhof entsteht. "Bestimmt nicht der einzige", sagt Luthe, der mittelfristig zudem auf alternative Angebote der Wintersportorte setzt.

Unter www.save-snow.com können sich Interessierte an einer Umfrage beteiligen.

Neue Möglichkeiten der Wetterprognose soll ein Projekt bieten, an dem auch die Universität Bonn mitwirkt: Sämtliche Sportstätten des Winterleistungssports werden dabei neu in einem kleineren Raster erfasst. Nicht mehr im üblichen 100 x 100-km-Modell, sondern möglichst bis auf wenige Kilometer genau.

Dann gilt die Vorhersage nicht für den ganzen Thüringer Wald, sondern ganz exakt für die Rennsteig-Arena in Oberhof. Denn der nächste gute Winter kommt zwar bestimmt. Aber eines, so sagt Kasper, bleibt auch danach klar: "Wir brauchen Schnee, um unsere Sportarten auszuüben."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort