Ein Altar aus der "Dicken Eiche"

Bildhauer Klaus Simon gestaltet aus dem Stamm sakrale Gegenstände für die Namen-Jesu-Kirche.

Bonn. Behutsam setzt er die Motorsäge auf den Eichenstamm. Klaus Simon weiß, dass er jetzt eine ruhige Hand braucht. Rutscht das 1,50 Meter lange Schwert ab, verkantet der Holzblock später beim Transport. Kreischend durchtrennen die Kettenzähne die Jahresringe des Eichenholzes. Schon nach wenigen Minuten ist der zwei Meter dicke Stamm durchtrennt. Der Bildhauer wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Der gebürtige Bad Godesberger arbeitet derzeit "open air" an seinem größten Kunstprojekt. Neben dem Jägerhäuschen in Röttgen hat er, unterstützt vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft, ein Waldatelier eingerichtet. Dort kreiert er aus einem fünf Tonnen schweren Holzklotz einen Altar, einen Ambo, einen Osterleuchter und Sedilien (Hocker) für die Namen-Jesu-Kirche in der Bonngasse.

Das Holz stammt von der "Dicken Eiche", Bonns bekanntestem Baum. Die etwa 300 Jahre alte Eiche war im Dezember unter der Last von Eis und Schnee umgestürzt. Eine Freundin Simons las den Bericht im GA und rief ihn sofort an. Der Künstler war begeistert von der Idee, aus diesem hölzernen Zeitzeugen etwas für die Ewigkeit zu schaffen. Was fehlte, war ein Auftraggeber.

Parallel zu Simons Gedankenspielen suchte die Stiftung Namen-Jesu-Kirche nach einem neuen Altar für die Kirche, die gerade vom Land NRW renoviert wird. Ein Stiftungsmitglied erinnerte sich an die Napoleon-Linde in Röttgen. Aus deren Holz hat Simon 2003 einen Altar und einen Kerzenleuchter für die Namen-Jesu-Kirche gefertigt (heute steht beides in der Remigiuskirche). Beide Seiten einigten sich auf das neue Projekt. "Die Zusammenarbeit vor allem mit der alt-katholischen Pfarrerin Henriette Crüwell ist kreativ und harmonisch", so Simon.

Er ist ein Grenzgänger zwischen weltlicher und kirchlicher Kunst. Sein Medium, mit dem er sich am liebsten auseinandersetzt, ist Holz. Und weil der Bildhauer um die Seelenkraft der Natur weiß, zieht es ihn zur Inspiration in den Wald - vornehmlich in den Kottenforst. "Ich beziehe meine Kraft von dieser Art zu arbeiten. Außenskulpturen erfüllen mich." Mitte August wird das Werk fertig sein. "Bis dahin bin ich gespannt auf die Reaktionen der Spaziergänger."

Sein Waldatelier liegt direkt am Wanderweg. Im Januar soll der Altar eingeweiht werden. Der Rest der "Dicken Eiche" wird als Naturdenkmal im Kottenforst liegen bleiben. Das Forstamt will eine Hinweistafel errichten, die auf den Altar in der Namen-Jesu-Kirche verweisen wird. "Im Laufe der nächsten 50 Jahre wird die Natur die Eiche zersetzen", sagt Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamtes. Dann erinnern nur noch die Kunstwerke in der Namen-Jesu-Kirche an Bonns ehedem berühmtesten Baum.

Zur Person:Klaus Simon wurde 1949 in Bad Godesberg geboren und wuchs dort auf. Ab 1969 studierte er an der Fachhochschule für Kunst und Design in Köln und anschließend Kunstgeschichte und Philosophie in Bonn.

Von 1976 bis 1982 besuchte er die Düsseldorfer Kunstakademie und hatte dort bis 1986 einen Lehrauftrag für Bildhauerei. 1984 erhielt Simon ein Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds Bonn.

Von 1991 bis 1995 war Simon Lehrbeauftragter am "Institut National Supérieur des Arts et de l'action culturelle" in Abidjan (Elfenbeinküste). Heute lebt und arbeitet der Künstler in Krefeld.

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