Direktor der Nationalmannschaften Oliver Bierhoff ist das Mastermind des DFB

Eppan · Oliver Bierhoff treibt die ständige Weiterentwicklung des deutschen Fußballs an. Damit macht er sich nicht nur Freunde.

Man kann sich Oliver Bierhoff gut auf einem dieser Laufstege der Welt vorstellen. Immer noch, selbst mit seinen nun 50 Jahren. Am Freitagmittag schritt er über den Laufsteg in Eppan, umringt von Fotografen und einigen Fans, direkt ins Pressezelt in Rungg. Selbst wenn er einige Modelqualität aufweisen kann, unterwegs war er in seiner Funktion als Spitzenmanager.

Unbestritten ist jedenfalls, dass er einer der Initiatoren einer Wandlung war, die den eher rumpelig daherkommenden deutschen Fußball mit seinen verkrusteten Strukturen zu einer Weltmarke geformt hat. Das hat dazu geführt, dass Bierhoff beim DFB inzwischen befördert wurde. Direktor Nationalmannschaften und Fußball-Entwicklung lautet die neue Berufsbezeichnung des ehemaligen Teammanagers.

Der Marketingname „Die Mannschaft“, den Bierhoff gemeinsam mit den schlauen Köpfen der DFB-Marketing-Abteilung ersonnen hat, klingt nicht besonders leidenschaftlich, ist aber weltweit ein Begriff. Etwas reduziert erscheint die neueste Erfindung aus der Denkfabrik des Verbandes. Unter dem Hashtag #zsmmn, so der Wunsch des Verbandes, sollen sich „Die Mannschaft“ und Fans und wer sonst noch Lust und Laune verspürt, zusammenfinden und eine Einheit bilden.

Schon als Profi ein Außenseiter

Bierhoff gefallen solche Innovationen, selbst wenn sie ohne Vokale, dafür aber mit Zungenbrechergarantie auskommen. Dass Bierhoff die Nationalmannschaft zu dieser Hochglanzmarke überhaupt entwickeln konnte, ist seiner Beharrlichkeit zu verdanken. Schon als Profi gehörte dieser smarte Kerl, geboren in Karlsruhe und aufgewachsen in Essen, in diesem Harte-Männer-Milieu zur Außenseiterfraktion. Bierhoff hat Visionen, ist eloquent und hatte schon als Spieler die Haare schön. Alleine sein Auftreten und seine Herkunft, sein Vater war Vorstand beim Energieriesen RWE, ließen ihn ausreichend verdächtig erscheinen.

Das hinderte ihn jedoch nicht daran, eine erstaunliche Karriere hinzulegen, selbst wenn er bei der Vergabe des Talentes nicht am lautesten geschrien hat. In Uerdingen, Hamburg und Mönchengladbach konnte er sich nicht für höhere Aufgaben qualifizieren. Er ging den beschwerlichen Weg über Österreich und die zweite italienische Liga. Dann schaffte er es in die Nationalmannschaft. 1996 debütierte er dort, da war er schon 27.

Nicht immer war der Aufsteiger im DFB-Team als Stürmer gesetzt. Seine Jokerrolle damals hat er nie verteufelt. Vor allem bei der WM 2002 habe er sich „in den Dienst der Mannschaft gestellt“, sagte er am Freitag und gab seinen fußballerischen Erben in Eppan gute Ratschläge. Er empfahl: „Immer dranbleiben.“ Und: „Götze und Schürrle waren 2014 auch nicht immer im Team, aber das Finale haben sie mitentschieden.“

Bei ihm selbst war das nicht anders. Mit dem Golden Goal 1996 im EM-Finale gegen Tschechien hat er sich ins nationale Fußballgedächtnis eingebrannt. Seine Unbeirrbarkeit begleitet ihn stets auf seinen Stationen – erst als Fußballer, später als Manager. Deshalb eckte er auch schon mal an.

Scharmützel mit Bundesligaclubs

Den Zorn von Poltergeist Rudi Völler zog er sich einmal zu, weil er sich eine einheitliche Spielphilosophie im DFB und eine fußballerische Weiterentwicklung in Deutschland wünschte. Was den Leverkusener Spordirektor dazu trieb, Bierhoff maltesische Füße unterzuschnallen. „Brasilianische Spielweise einfordern mit Füßen aus Malta, das geht eben nicht“, schimpfte Völler damals. „Jeder Trainer würde gerne offensiv spielen lassen. Aber wenn du zum Beispiel einen Spielertypen wie Bierhoff im Team hast, kannst du eben auch nicht brasilianisch spielen.“ Rumms, das saß! Bierhoff konnte das lange nicht vergessen.

Auch mit einigen Bundesligaclubs gab es Scharmützel. Sein ausgeprägter Geschäftssinn kam nicht überall gut an. Als „Ich-AG vom Starnberger See“ titulierte ihn Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge einst. Am Starnberger See, in der Gemeinde Berg, lebt Bierhoff mit seiner Frau und Tochter. In der Idylle Bayerns hat sich die Ich-AG längst zum anerkannten Fachmann entwickelt.

Bierhoff, das steht zu vermuten, dienen solche Anfeindungen als Antrieb. Auch bei seinem aktuellen Großprojekt hatte der DFB-Mann, der 2004 als Manager beim Verband einstieg, selbst intern mit Widerständen zu kämpfen. Fest steht: Die DFB-Akademie wird gebaut. Dieses Raumschiff, das in Frankfurt-Niederrad landen und 2021 fertiggestellt werden soll, beherbergt die Steuerzentrale für die Operationen zum Wohl des deutschen Fußballs. 150 Millionen Euro wird das Projekt verschlingen. In der Akademie sollen alle Fäden zusammenlaufen, Fußball-Kompetenz und Wissen gebündelt und so der deutsche Fußball zukunftsfähig gestaltet werden.

„Wir wollen das Innovationszentrum des deutschen Fußballs errichten“, sagte er, das Mastermind mit dem Masterplan. Seine Hingabe für das Projekt wird auch gefüttert von einiger Sorge um den Ist-Zustand. „Wir müssen aufpassen“, sagte er neulich, „dass wir nicht abgehängt werden.“

Ach ja, um Fußball ging's natürlich auch. Bierhoff betonte: „Die WM wird das schwierigste Turnier. Wir werden die Gejagten sein.“ So wie Bierhoff andersherum auch auf der Jagd ist: nach immer neuen Ideen zur Weiterentwicklung des deutschen Fußballs.

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