"Das Härteste, was ich je gemacht habe"

Klaus Westkamp, Leiter des Umzugs- und Ausgleichsstabes der Bundesregierung, wird 60 - Der Jesuiten-Schüler gilt als Vater des Erfolgs: Die Jahrhundertaufgabe ist nicht beliebig wiederholbar

Bonn. Klaus Westkamp lehnt sich entspannt in seinem Schreibtischsessel zurück, zieht genüsslich an seiner Zigarette und sagt: "Ich glaube, das haben wir ganz gut hinbekommen." Das ist einer der eher selteneren Momente, wo der Ministerialdirigent ganz bescheiden wird. Denn nicht wenige würden sagen: Das hat er hervorragend hinbekommen. Ob Horst Ehmke, Editha Limbach, Ingrid Matthäus-Maier oder Franz Möller - sie alle sehen in Westkamp den Garanten dafür, dass die Region Bonn nach dem Umzugsbeschluss vom 20. Juni 1991 nicht unter die Räder gekommen ist. Am 1. Januar wird der Leiter des Umzugs- und Ausgleichsstabes der Bundesregierung 60 Jahre alt.

"Wie ein Beamter Bonn für den Verlust der Regierung entschädigte", titelte der "Spiegel". Und die "Süddeutsche Zeitung" nannte ihn den "vielleicht größten lebenden Experten für Regierungsumzüge". Dass Westkamp ein Experte, zugleich aber auch ein raffinierter Stratege mit bisweilen diplomatischem Geschick ist, hat er mehrfach unter Beweis gestellt.

Nach Abitur am Aloisius-Kolleg in Bad Godesberg und Jura-Studium entschied er sich für den Öffentlichen Dienst ("Sicherheit war mir immer ganz wichtig") und begann seine Karriere im Bundesinnenministerium. Von der Abteilung Innere Sicherheit wechselte er 1977 ins Pressereferat; Minister Gerhard Rudolf Baum berief ihn zu seinem Sprecher. 1989 holte ihn Wolfgang Schäuble in eine Arbeitsgruppe, die den Einigungsvertrag ausarbeitete. Da lag es nahe, Westkamp nach dem Bonn/Berlin-Beschluss ("Der hat mich umgehauen") zum "Leiter der Geschäftsstelle der Arbeitsstabes Bonn/Berlin" zu berufen.

Schon im Vorfeld des ''91er Beschlusses war er Mitglied einer von Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth eingesetzten Arbeitsgruppe, die der Frage nachging, was der Bund für Bonn tun müsse, falls Berlin gewinnt. Westkamp, schon damals eine Art "Ombudsmann für die Region Bonn", brachte drei Punkte zu Papier: Man kann eine Stadt, die 40 Jahre lang monostrukturell ausgerichtet ist, nicht grundlegend verändern. Bonn muss auch ein Verwaltungszentrum bleiben. Es müssen andere Bundesbehörden nach Bonn verlagert werden - zweckmäßigerweise aus Berlin, weil dies am ehesten den Austausch von Personal ermöglicht.

Damit hatte Westkamp quasi die ersten Eckpunkte späterer Verträge und Vereinbarungen gesetzt. Denn auf der Basis auch seiner Überlegungen legte sich das Bundeskabinett am 11. Dezember 1991 auf das Kombinationsmodell - Ministerien in Berlin und Bonn - fest. Ein halbes Jahr später ein weiterer wichtiger Beschluss: 21 Bundesbehörden werden nach Bonn verlagert. Bonn muss einen Ausgleich bekommen.

Am 26. April 1994 beschloss der Bundestag das Bonn/Berlin-Gesetz, in dem unter anderem eine faire Arbeitsteilung zwischen beiden Städten festgeschrieben wurde. Und zwei Monate später wurde die Ausgleichsvereinbarung unterzeichnet, die der Region Bonn 1,464 Milliarden Euro zusichert.

Dabei stand dem Umzugs-Guru, der 1995 ins Bundesbauministerium gewechselt war, "das Härteste, was ich je gemacht habe", noch bevor: Die Umsetzung des Gesetzes. Dabei erwies sich Westkamp als Meister seines Fachs: Mal ruppig, mal charmant, mal frech, mal galant: Der Jesuiten-Schüler wusste stets, mit welcher Taktik und Tonart er am ehesten ans Ziel kommt.

Dass er nicht immer "everybodys darling" war, störte ihn nicht - im Gegenteil: er kokettierte bisweilen damit. Entscheidend war für ihn stets das Ergebnis. Und das haben selbst die größten Optimisten nicht zu hoffen gewagt - reibungsloser Umzug ohne wesentliche personelle Probleme. Bei 18 000 verlagerten Arbeitsplätze mussten nur 7 500 Bundesbedienstete umziehen. Und nur zwölf Beamte haben vor dem Kadi gegen einen anstehenden Umzug geklagt.

Die zweite Herkules-Aufgabe war die Umsetzung des Ausgleichsvertrages. Der "Herr über 1,464 Milliarden Euro" hat auch diesen Job mit Bravour erledigt. Denn dass ohne großes Gezänk 70 Ausgleichsprojekte und rund 1 000 weitere Maßnahmen durchgeführt und fast 30 000 Arbeitsplätze in der Region neu geschaffen oder erhalten wurden, ist weitgehend auf seine - nicht selten kompromisslose - Verhandlungstaktik zurückzuführen.

Und wenn''s doch einmal knirschte, mahnte er die Einheit der Region an: "Wenn die sich so richtig gestritten hätten, wären bei uns die Jalousien runter gegangen." Und W. wäre nicht W., würde er nicht noch einen Appell hinterher schicken: "Leute, stabilisiert und baut den Strukturwandel weiter aus!" Dass der Titel "Bundesstadt" mehr ist als eine "semantische Wohltat", daran lässt er keinen Zweifel: "Bonn muss das Erbe der Zeit zwischen 1949 und 1999 wahren und pflegen."

Westkamp gilt durchaus als "Vater des Erfolgs". Dieses Prädikat machen dem FDP-Mitglied ernsthaft weder seine neun Minister aus drei Parteien, (Schäuble, Seiters, Kanther, Töpfer, Oswald, Müntefering, Klimmt, Bodewig, Stolpe), noch die Spitzen von NRW und Rheinland-Pfalz, aus Bonn und den Kreisen Rhein-Sieg und Ahr streitbar. "Ich bin mir durchaus bewusst", sagt er, wieder ganz bescheiden, "dass ich eine Jahrhundertaufgabe mitgestalten durfte. Das fällt einem Beamten nur selten zu, und dafür bin ich dankbar und auch ein wenig stolz."

Der bekennende FC-Köln-Fan seit Kindheit an und Liebhaber trockener Rotweine, der allenfalls Freitag nachmittags in der Sauna des Kurfürstenbades ins Schwitzen gerät und höchstens beim Kegeln eine ruhige Kugel schiebt, ist vom Erfolg seiner Arbeit überzeugt: "Ich sehe keinen Anlass, in einem überschaubaren Zeitraum die Aufteilung der Regierung zu ändern. Im übrigen: Dies war eine Jahrhundertaufgabe, und die ist nicht beliebig wiederholbar."

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