Telekom Baskets 81:72 in Würzburg - Jordan macht den Unterschied

WÜRZBURG · Aus der Halle drangen die Freuden-Gesänge der Fans in Magenta in den Kabinengang der Würzburger "Turnhölle", in der Gäste-Kabine hatten die Telekom Baskets noch genügend Energie, um zu feiern - und vor der Kabinentür stand ein Mann, der in seinem grauen Anzug wirklich mitgenommen aussah: Mathias Fischer.

 Jared Jordan brachte in Würzburg nicht nur den Hallensprecher zur Verzweiflung.

Jared Jordan brachte in Würzburg nicht nur den Hallensprecher zur Verzweiflung.

Foto: Sebastian Derix

Der Baskets-Trainer fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und blickte zu Boden. Dann sah er auf, und ein Lächeln stand auf einem sehr blassen Gesicht. "Das war verdammt anstrengend", erklärte er. Seine Mannschaft hatte soeben ihre eindrucksvolle Auswärtsserie im Würzburger Hexenkessel mit einem 81:72 (20:19, 20:21, 13:16, 28:16)-Erfolg auf 8:1 ausgebaut.

Lange war es spannend gewesen: 20 Führungswechsel gab es zu sehen und 13 Mal einen Punktegleichstand - und das bis weit ins vierte Viertel. Aber letztlich hatten die Baskets im Stile einer Spitzenmannschaft die beiden Punkte gierig aufgefressen. Drei Minuten hatten sie dafür gebraucht. Als Ben Jacobson in der 37. Minute die Würzburger per Dreier zum x-ten mal wieder herangebracht hatte (72:73) und sich alle zum Einwurf sortierten, blickte Jared Jordan auf die Anzeigetafel.

Der folgende Spielverlauf ließ eine Interpretation seiner Gedanken zu: "Spannend war es lange genug, jetzt machen wir Ernst." Und er selbst fing sogleich damit an. Jacobsons Dreier konterte er ebenfalls aus der Distanz, und die beinahe weinerliche Ansage von Jordans Namen durch den Hallensprecher machte deutlich, dass der Baskets-Kapitän den Würzburgern sehr weh getan hatte. Nicht nur in diesem Moment. In der gesamten Partie.

Der Bonner Spielmacher hatte einen Sahnetag. Und er war noch nicht fertig. Vor den Augen seiner Eltern, die aus den USA zu Besuch sind, lieferte er schlussendlich die beeindruckende Statistik von 20 Punkten - davon vier Dreier - sieben Rebounds und acht Assists ab. "Es war ein wichtiger Sieg", sagte Jordan. "Entscheidend war, dass jeder für jeden gespielt hat und dass wir unser Spiel nicht haben von der Atmosphäre beeinflussen lassen. Wir wollten hier gewinnen - weil wir eine Rechnung offen hatten und weil wir einen guten Start in die Rückrunde wollten."

Dass seine Eltern auf der Tribüne Extra-Motivation gebracht hätten, bestritt Jordan am Sonntag lachend: "Ich versuche, alle Spiele gleich anzugehen. Aber ich freue mich, dass meine Eltern ein tolles Spiel gesehen haben - viel wichtiger ist allerdings, dass wir gewonnen haben. Darüber wiederum haben sich auch meine Eltern gefreut. Die kennen mich ja schon länger und wissen, dass ich nach Niederlagen keine besonders gute Gesellschaft bin."

Der weinerliche Hallensprecher und 3040 Zuschauer mussten, 100 Bonner durften mit ansehen, wie Jordan das Bonner Vorhaben "erfolgreicher Rückrundenstart" souverän über die Ziellinie manövrierte. Großen Anteil hatte an der erfolgreichen Schlussphase auch Tony Gaffney, der nach Schwierigkeiten gegen Maxi Kleber den jungen deutschen Nationalspieler in der zweiten Halbzeit stark verteidigte.

Nach dem Jordan-Dreier provozierte er ein Würzburger Offensiv-Foul, im Gegenzug markierte Jamel McLean das Bonner 78:72, seinen Namen sparte sich der Hallensprecher schon. Die letzte Würzburger Chance scheiterte an Gaffney. Der Profi mit NBA-Erfahrung beging ein cleveres Foul, das nur zu einem Einwurf führte und klaute diesen dann Jacobson. Den folgenden Schnellangriff schloss Ryan Brooks zum 80:72 ab - das war's. Für die Statistik: Den letzten Bonner Punkt machte Gaffney von der Freiwurflinie, während der Anhang in Magenta längst "Auswärtssieg, Auswärtssieg - Hey, hey!"skandierte.

Vom abgekämpften Trainer gab es Lob für sein Team: "Wir wussten, dass wir kämpfen müssen, und das haben wir getan. Darauf bin ich stolz. Zum Schluss waren wir dann die abgeklärtere Mannschaft", so Fischer, der aber Jordan heraushob: "Kompliment an Jared, nicht nur für seine Statistik, sondern auch, weil er Verantwortung übernommen hat."

Gestern berichtete der Coach von einer langen Heimfahrt. Heftiges Schneetreiben, eine Autobahn-Vollsperrung, mehrere Unfälle und eine Geisterfahrer-Warnung verlängerten die Tour nach Bonn. Zumindest hatte man im nagelneuen Baskets-Bus, der heute seine optische Identität bekommt, neben mehr Beinfreiheit auch beste Stimmung.

Würzburg - Telekom Baskets 72:81 (19:20, 21:20, 16:13, 16:28)

s.Oliver Baskets: Harris (10/1), Ugrai (dnp), Spoden (dnp), Stuckey (17/4), Little (0), Jacobson (9/3), McNaughton (10), Kleber (15/2, 14 Rebounds), McKinney (0), Boone (9), Esterkamp (2)
Telekom Baskets: McCray (5/1 Dreier), Looby (2), Veikalas (10/2), Brooks (13/1), Mangold (2), Jordan (20/4, 7 Rebounds, 8 Assists), Koch (0), Gaffney (9), Wachalski (5), McLean (15, 9 Rebounds, 4 Steals)

Trefferquote: Würzburg 45 % (22/49), Bonn 52% (30/58); Dreierquote: Würzburg 37% (10/27), Bonn 38% (8/21); Freiwurfquote: Würzburg 78% (18/23), Bonn 59% (13/22); Rebounds: Würzburg 34 (Bester: Kleber 14), Bonn 30 (Bester: McLean 9); Assists: Würzburg 14, Bonn 18 (Bester: Jordan 8); Ballgewinne: Würzburg 6, Bonn 9; Ballverluste: Würzburg 22, Bonn 11; Fouls: Würzburg 22, Bonn 24.

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