Leichtathletik-DM in Nürnberg Vor der Belohnung litt Heimann Höllenqualen

NÜRNBERG · Das Bangen und Zittern schien kein Ende zu nehmen. Erst nach einem Diskussions-Marathon durch die Kampfrichterinstanzen durfte Christian Heimann gestern der Freude über seinen ersten Medaillengewinn bei deutschen Meisterschaften freien Lauf lassen.

 Gejubelt, gezittert, erleichtert: Christian Heimann.

Gejubelt, gezittert, erleichtert: Christian Heimann.

Foto: Birkenstock

"Die Stunde danach war quälender als das Finale", sagte der 400-Meter-Hürdenläufer des LAZ Puma Rhein-Sieg sichtlich erleichtert, als er endlich die Bronzemedaille in Händen hielt.

Es war das dritte DM-Edelmetall in der Geschichte der Startgemeinschaft aus dem Leichtathletik-Kreis Bonn/Rhein-Sieg nach der Silbermedaille durch 3000-m-Hindernisläufer Christian Knoblich im Jahr 2006 und Bronze für Hammerwerferin Simone Matthes (2009). Was Heimanns Erfolg so besonders macht: Im Gegensatz zu den anderen beiden Athleten ist Heimann ein LAZ-Eigengewächs.

Nach dem Zieleinlauf leuchteten für ihn 50,93 Sekunden an der Anzeigetafel im Nürnberger Frankenstadion auf. Platz drei. Entspannt entleerte der 26-Jährige aus St. Augustin eine Wasserflasche über seinen Stoppelhaaren - im sicheren Gefühl, das Saisonziel erreicht zu haben: die erste Medaille im Männerbereich.

Zwar war er langsamer als im Vorlauf am Samstag (50,75) und relativ weit entfernt von der leise erhofften 49er-Zeit. "Doch Hauptsache, die Plakette ist meine", sagte Heimann kurz nach dem Finale. Im nächsten Moment der Schock: Ein Kampfrichter kam auf ihn zu und erklärte, Heimann habe das Nachziehbein entgegen der Regeln an der zweiten Hürde vorbeigeführt und werde deshalb disqualifiziert. Sein Trainer Thomas Eickmann war sofort auf 180. "Das kann nicht sein - Christians Technik ist einwandfrei", meinte der LAZ-Chef entrüstet.

Die Siegerehrung? Aufgeschoben. Der Gang durch die Instanzen? Unvermeidbar. Heimann blieb nach außen cool, gab aber später zu: "Mein Puls hat Rekordwerte erreicht - gefühlt höhere als im Rennen." Der frühere Marathonläufer Eickmann bewies Ausdauerqualitäten: Sein erster Gang führte zum ZDF-Regiewagen - erst rund eine dreiviertel Stunde später war die Fernsehaufzeichnung organisiert und vom Kampfgericht begutachtet. Die TV-Bilder entlasteten Heimann.

Einziger Vorteil der ganzen Aufregung: Die körperlichen Qualen, die jeder Vollgas-Lauf über die Stadionrunde nach sich zieht, spürte Heimann schlagartig nicht mehr: "Normalerweise tut zehn Minuten lang der Kopf weh und eine halbe Stunde lang die Beine. Das war heute wie weggeblasen."

Drei Stunden nach dem Hürdenrennen die nächste Grenzbelastung: das Staffelrennen über 4x400 Meter. Als Schlussläufer gab Heimann noch einmal alles. Es reichte zu Platz neun in 3:17,60 Minuten für das LAZ-Quartett, das Patrick Müller, Thorben Juschka und Alexander Glowa komplettierten. "Wir haben eine tolle Truppe", schwärmt Heimann vom Zusammengehörigkeitsgefühl des Teams, das LAZ-Chef Thomas Eickmann über Jahre aufgebaut hat. Über 800 Meter war für Juschka (1:52,77 Minuten), Dennis Gerhardt (1:54,49) und Müller (1:55,62) bereits in den Vorläufen die Endstation erreicht. "Sie sind erst zwischen 20 und 25 Jahre, also noch sehr jung", sagte Eickmann. Schritt für Schritt soll es weitergehen. Wie bei Christian Heimann, den Eickmann aufgebaut hat, seit er vor elf Jahren erstmals ins LAZ-Training kam.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort