Fünfkämpferin der SSF Bonn Extreme Nervenprobe für Lena Schöneborn

BONN · Kurz nach dem Frühstück stand am Mittwoch der Dopingkontrolleur bei Lena Schöneborn auf der Matte. Ausgerechnet eine Blutkontrolle. Dabei hatte die Moderne Fünfkämpferin der SSF Bonn bei der Weltmeisterschaft in Berlin am Vortag schon mehr als genug Blut gesehen.

 Kein einfacher Ritt: Lena Schöneborn bei der WM in Berlin.

Kein einfacher Ritt: Lena Schöneborn bei der WM in Berlin.

Foto: dpa

Rückblende: Etwa 20 Stunden zuvor, Dienstagnachmittag. Lena Schöneborn und ihre Teampartnerin Annika Schleu aus Berlin sind als Nächste beim Reiten dran, der dritten Disziplin der Staffel-Entscheidung. Doch dann passiert etwas, was schlicht der Horror für Fünfkämpfer ist. Es geschieht beim Reiten, das schon alleine deshalb bei den Athleten wenig beliebt ist, weil die Pferde zugelost werden. Manch einer bekommt in der Lotterie einen Mercedes oder Ferarri, manch anderer einen McLaren oder Marussia.

Das Pferd Niltonka, das für Schöneborn vorgesehen ist: "Kein schlechtes Los", sagt sie. Vor ihrem Einsatz aber wird Niltonka von Elena Potapenko geritten. Schöneborn sieht zu, wie die Kasachin "voll im Ochser landet". Noch tiefer graben sich die folgenden Bilder in ihr Gedächtnis.

"Sie ist zu uns in die Nähe getragen worden. Wir haben sie blutüberströmt gesehen und gehört, wie sie wimmerte", erzählte die SSF-Athletin gestern von den Geschehnissen, die Schleu und sie vor dem Einsatz auf dem Pferd verarbeiten mussten. Weil es im Reiterstadion weder Trage noch Krankenwagen gab, fuhr ein Berliner Arzt die verletzte Reiterin in die Klinik. Die WM-Organisatoren stehen in der Kritik. "Das ist amateurhaft", monierte Ex-Bundestrainer Rudi Trost.

Weit schlimmer als die Zeitverzögerung war der Eindruck des Geschehens für die deutschen Staffelpartnerinnen. "Das Ganze hat uns schon sehr mitgenommen. Mir ist das Herz in die Hose gerutscht", räumte Schöneborn ein. Das deutsche Duo ritt mittelmäßig. Niltonka verweigerte zweimal am Ochser. Kein Wunder, bei der Vorgeschichte.

"Danach hatte ich innerlich schon alle Chancen abgeschrieben", sagte die Niederkasselerin. Dann patzte auch die Konkurrenz, plötzlich war wieder alles drin. Die angestrebte Medaille verpassten Schöneborn und Schleu wegen schwacher Schießleistungen. Was blieb: Der enttäuschende siebte Platz. Beide hatten bei ihren Laserpistolen das Visier nicht richtig eingestellt. Nervensache?

Aus der Bahn geraten ist Lena Schöneborn nicht. Darf sie auch nicht. Denn am Samstag - die erfolgreiche Qualifikation am heutigen Donnerstag vorausgesetzt - geht es für sie in der Einzelkonkurrenz um eine WM-Medaille und das Ticket zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio.

Gestern schlief sie aus, frühstückte ausgiebig. "Pancakes, Kaiserschmarrn, Rührei und Früchte - wir haben es uns gutgehen lassen", erzählte sie. Kohlehydrate und Eiweiße getankt, das unbefriedigende Ergebnis und das Horror-Erlebnis des Reitwettbewerbs verarbeitet - das war notwendig, um den Fokus auf den WM-Höhepunkt zu richten.

Lena Schöneborn ist optimistisch, zumal die ganze Familie aus Niederkassel anreist und am Samstag echte Heimspielatmosphäre auf dem WM-Gelände herrschen soll. Olympiasiegerin 2008, Europameisterin 2014. Ein WM-Titel fehlt noch in ihrer erfolgreichen Karriere, in der die 30-Jährige einiges erlebt hat. "So schnell bringt mich nichts mehr aus der Ruhe", sagte Schöneborn. Da hatte kurz zuvor der Dopingkontrolleur angeklopft.

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