Der Marathon ist sehr weiblich Vor 50 Jahren lief erstmals eine Frau mit Startnummer

1967 brach Kathrine Switzer ein Tabu und bestritt als erste Frau, mit einer offiziellen Startnummer, den Boston Marathon. Damit legte sie den Grundstein für die Marathonteilnahme von Frauen.

Da, schaut her, die Attraktion ist eine "Sie": Ein Hobbysportler macht 2016 auf seine Laufpartnerin aufmerksam.

Da, schaut her, die Attraktion ist eine "Sie": Ein Hobbysportler macht 2016 auf seine Laufpartnerin aufmerksam.

Immer mehr Frauen laufen. Dieser Trend ist unverkennbar. Auf den beliebten Joggingrunden lässt sich das beobachten. Am Rhein zum Beispiel, auf der Bonner Brückenrunde. Inzwischen aber auch auf den Wettkampfpisten - bei fast allen Volksläufen landauf landab ebenso wie bei den großen Citymarathons. Logischerweise auch in Bonn.

Mehr als ein Drittel der weit über 13 000 Meldungen für den Deutsche Post Marathon an diesem Sonntag (2. April) wurden von Frauen abgegeben. Obwohl das weibliche Wesen ja von Natur aus nicht so kompetitiv veranlagt ist. Behaupten sogar Wissenschaftler. Nicht so sehr darauf ausgerichtet, in einem Wettbewerb zu bestehen.

Doch auch das hat sich mit der Emanzipation der Frau geändert. Außerdem sind die heutigen Laufevents nicht mehr mit den biederen bis bierernsten Volkssportveranstaltungen von vor 30 Jahren vergleichbar, als für die meisten Teilnehmer allein die eigene Leistung zählte, die Medaille in der Altersklasse. Verbohrter Ehrgeiz ist heute out, der Respekt vor den Topleistungen wirklicher Spitzensportler geblieben.

Klar ist die ganze Lauferei zu einem großen Geschäft geworden. Dennoch stehen Gemeinschaft, Gesundheit und Genuss bei weitgehend perfekt organisierten Veranstaltungen wie der in Bonn im Vordergrund. Egal, ob es um die immer beliebteren Schulstaffeln, die Aktion "GA macht Leser fit für Marathon", die Teamstaffel um den früheren 10 000-Meter-Europameister Jan Fitschen oder das Engagement des Titelsponsors geht: Bei allen Initiativen stehen der Spaß am Sport und der Benefit durch Bewegung im Fokus.

Die steigende Beliebtheit des Laufens bei den Frauen in diesen einleitenden Worten zur 17. Auflage des Deutsche Post Marathons zu thematisieren, passt übrigens aus einem besonderen Anlass ins Jahr 2017. Genau 50 Jahre ist es her, dass erstmals eine Frau mit offizieller Startnummer die Marathondistanz lief. Was damals nicht nur verpönt, sondern gar verboten war.

Kathrine Switzer ist der Name der Mutigen, die am 19. April 1967 das Tabu brach. Gut vermummt mischte sich die damals 20 Jahre alte Studentin unter die 740 Läufer, die an diesem kalten Aprilmorgen in Boston beim ältesten Marathon der Welt an der Startlinie standen. Die meisten Sportler trugen dicke Pullis und lange Turnhosen. Da sollte Switzer doch eigentlich nicht als Frau enttarnt werden - was dennoch geschah.

Überliefert ist folgendes: Als der Bus mit den Journalisten und Fotografen nach drei Kilometern der Distanz auf dem Weg zur Führungsgruppe an ihr vorbeifuhr, fielen einem der Businsassen Switzers lange, schwarze Haare auf, die hin und her wippten. In Richtung von Renndirektor Jock Semple rief er: "Da läuft eine Tussi mit."

Der Bus stoppte abrupt. Switzer wurde von einem Kampfrichter am Arm gepackt, sie riss sich los. Semple schrie: "Verschwinde aus meinem Rennen und gib mir die Nummer." Vielleicht wäre Switzer in Ruhe gelassen worden, wenn sie es nicht gewagt hätte, sich eine Startnummer zu besorgen. Fast hatte sich Semple zu ihr durchgeboxt. Mit Tom Miller hatte er jedoch nicht gerechnet. Switzers Freund rempelte den Renndirektor in den Straßengraben und erntete Respekt. Denn Semple gab beim Anblick des Muskelmannes auf: Miller war von Hause aus Hammerwerfer.

Zum 50. Jubiläum des Vorfalls will die inzwischen 70 Jahre alte Switzer am 17. April mit ihrer damaligen Startnummer 261 erneut die 42,195 Kilometer des ältesten Marathons der Welt laufen. "Ich habe damals gelernt, dass beim Laufen irgendwann jede Wut verpufft", erzählte sie kürzlich. Und: Bei Kilometer 32, am legendären Heartbreak Hill, habe sie "dem alten, mürrischen Funktionär vergeben". Switzers Mission war geboren: "Als ich nach 4:20 Stunden im Ziel war, hatte ich einen neuen Lebensplan: Werde ein besserer Athlet und schaffe Möglichkeiten für Frauen, das Gleiche zu erreichen." Den Sieg beim New York Marathon, der ihr 1974 gelang, hat sie nicht gemeint.

Wohl aber das, was sie in folgende Worte gefasst hat: Dass die Marathon-Bewegung "eine sehr weibliche" sei: "Es geht nicht darum, schneller zu werden, sondern darum, es zu schaffen." Was auch für das Gros der Teilnehmer am Bonn-Marathon gilt. Egal, ob Frau oder Mann.

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