Ehemalige Bonner Fechterin Claudia Bokel macht im Internationalen Olympischen Komitee Karriere

LONDON · Das mondäne Hotel "Lausanne Palace" an der Rue du Grand-Chene liegt noch im grauen Morgendunst, da tagt im Salon Delamuraz schon das Kabinett Rogge - und zum ersten Mal sitzt Claudia Bokel mit am Tisch. Die ehemalige Weltklasse-Fechterin des OFC Bonn ist künftig die Jüngste im illustren Kreis von drei Frauen und zwölf Männern, wenn sich die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees versammelt.

 Früher...

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Foto: dpa

Mit 39 Jahren hat die Powerfrau einen weiteren Karriere-Sprung gemacht. Seit rund zehn Jahren, damals noch als aktive Fechterin, sammelt sie schon national und international Erfahrung als Sportfunktionärin.

Man wird sicher noch hören von Mrs Bokel - sie ist auf dem Sprung und immer in Eile. Im Sturmschritt passierte sie gestern in der Mittagspause die Lobby, an der Seite von IOC-Vize Thomas Bach. "Das ist wirklich wichtig jetzt", sagte sie vieldeutig - und war schon wieder weg.

Am 22. Juli gelang der früheren Degenspezialistin, die 2004 in Athen Olympia-Silber mit der deutschen Equipe gewann, in London ihr bis dato wichtigster Treffer, natürlich nicht mehr auf der Planche: Die Tochter eines Deutschen und einer Niederländerin, am 30. August 1973 in Ter Apel geboren, wurde zur Athletensprecherin des IOC gewählt. Ein echter Coup und die Eintrittskarte in die 15-köpfige Ringe-Regierung von IOC-Präsident Jacques Rogge.

Schon vier Jahre nach der Aufnahme ins IOC ist Claudia Bokel eine der mächtigsten Frauen in der internationalen Sportpolitik. Sie hat Großes vor, aber sie spricht nicht darüber. Die Tauberbischofsheimerin tritt bescheiden auf, aber sie weiß, was sie will. Schon jetzt, mit 39, ist ihre Vita hieb- und stichfest: 23. deutsches IOC-Mitglied, Sitz und Stimme in der Exekutive, Athletensprecherin der größten Sportorganisation der Welt, zudem Mitglied in zwei IOC-Kommissionen (Ethik und Entourage).

Außerdem darf die ehemalige Fecht-Weltmeisterin über die Vergabe der Olympischen Spiele 2020 mitentscheiden. Im November wurde Bokel in die neunköpfige Evaluierungs-Kommission berufen, die die Bewerber für die Sommerspiele in acht Jahren überprüft. Ein weiterer Vertrauensbeweis für die studierte Chemikerin.

Bokel ist gut vernetzt und überlässt nichts dem Zufall. Die geborene Niederländerin beherrscht fünf Sprachen. Auf der Basis ihres Chemie-Studiums engagiert sie sich vor allem im Anti-Doping-Kampf. Auch für das Athleten-Ausbildungsprogramm des IOC reist sie um die Welt und hält Vorträge, sogar in Mali.

Als zweites Exekutiv-Mitglied neben IOC-Vize Bach hat Claudia Bokel den Einfluss der Deutschen in der Ringe-Regierung praktisch verdoppelt. Nach Willi Daume (1972-76), Berthold Beitz (1984-88) und Bach ist sie das vierte deutsche Mitglied in der IOC-Exekutive.

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