Olympischer Stichtag 1936 Garmisch-Partenkirchen: Probelauf für Berlin

Garmisch-Partenkirchen · Am 6. Februar 1936 beginnen in Garmisch-Partenkirchen die bis heute einzigen Olympischen Winterspiele in Deutschland. Es wird die Generalprobe für die Sommerspiele in Berlin.

Olympische Spiele in den 1920er und 1930er Jahren – das bedeutet in der Regel: Sommer- und Winterspiele in einem Land. Und so kommt es, dass nach der Vergabe der Sommerspiele für 1936 an Berlin ein Ort gesucht werden muss, in dem die Winterspiele stattfinden können. Die beiden Gemeinden Garmisch und Partenkirchen werden auserkoren und schließen sich im Januar 1935 zusammen – auch zur Ausrichtung der Spiele. Für die Nationalsozialisten ist es der organisatorische und propagandistische Probelauf. „Hitler wollte ja mit den anschließenden Sommerspielen in Berlin der Welt vorgaukeln, wie friedvoll und weltoffen es in Deutschland zugeht. Dabei standen seine Kriegspläne längst fest“, hat Karl Lennartz, inzwischen verstorbener Sporthistoriker, dem General-Anzeiger einmal erklärt.

Und die Generalprobe gelingt. Dank einer perfekten Organisation und mehr als einer halben Million Zuschauern werden die Winterspiele von einem Anhängsel der olympischen Begegnung zu einem vollwertigen Bestandteil. Auch das Wetter spielt mit, denn bis zur Eröffnungsfeier am 6. Februar 1936 gibt es genug Schnee und während der zehn Wettkampftage viel Sonnenschein.

Die Sonne scheint zu Beginn auch für die heimischen Sportler. In der erstmals ausgetragenen alpinen Kombination aus Abfahrtslauf und Slalom – Einzelrennen gibt es in Garmisch-Partenkirchen noch nicht – gewinnen Christl Cranz und Franz Pfnür die Goldmedaillen. Dabei ist der Sieg der 21-Jährigen aus dem Schwarzwald besonders bemerkenswert. In der Abfahrt stürzt sie, rappelt sich wieder auf, wird noch Sechste, verliert aber 20 Sekunden auf die führende Norwegerin Leila Schou-Nilsen.

Ist die erhoffte Medaille für die Weltmeisterin aus dem Vorjahr schon passé? „Donnerwetter, die Christl hat Schwung und Tempo“, schreibt Walter Richter in dem Buch Olympia 1936, das der Cigaretten-Bilderdienst Altona-Bahrenfeld herausgegeben hat, „jetzt ist sie bei den senkrecht übereinander gesteckten Toren und nimmt sie fast in gerader Linie, immer nur durch Körperauslage von links nach rechts und rechts nach links, ohne nennenswerten Zeitverlust, als ob es eine Spielerei wäre.“ Sie holt die Zeit tatsächlich auf und siegt. Das dritte deutsche Gold gewinnen Maxi Herber und Ernst Baier im Paarlauf.

Erfolgreichste Sportler sind die Norweger mit sieben Goldmedaillen. Herausragend: Eisschnellläufer Ivar Ballangrud (dreimal Gold und einmal Silber), Skispringer Birger Ruud und Sonja Henie, die den dritten Sieg im Eiskunstlauf holt. Alle Medaillengewinner erhalten ihre Auszeichnungen im Rahmen der Schlussfeier vor geschätzt rund 200.000 Besuchern. „Unter den Salutschüssen einer Gebirgsbatterie, die oben auf dem Gudiberg ihre olympischen Grüße in den Äther donnert, erklingen die Nationalhymnen der Sieger“, schreibt Walter Richter, „kosend umspielt der Wind die olympische Fahne, als wollte er ihr danken für die Schönheit der Idee.“ Erstmals brennt bei Winterspielen auch ein olympisches Feuer, das „zuckend verglimmt“, wie Richter schreibt.

Weit weniger feierlich ist die Zukunft der Schüssel, in der 1936 das Feuer brennt. Olympiahistoriker Volker Kluge berichtet 2013 im „Journal of Olympic History“, dass ein Reporter des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts 1975 herausfand, dass sie neben einer Wiese als Viehtränke genutzt wurde.

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