Doping-Kronzeugin Stepanowa: Noch "viel mehr" Beweise

Düsseldorf · Die russische Doping-Kronzeugin Julia Stepanowa ist erstaunt, dass weder der Leichtathletik-Weltverband IAAF noch die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA auf ihre Enthüllungen reagiert haben.

 Julia Stapanowa lief 2011 unter dem Namen Russanova mit "abnormen" Blutwerten. Foto: Rungroj Yongrit

Julia Stapanowa lief 2011 unter dem Namen Russanova mit "abnormen" Blutwerten. Foto: Rungroj Yongrit

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"Wir hoffen, dass sich nun jemand von der IAAF oder der WADA bei uns meldet, um das gesamte Material anzusehen", sagte die frühere 800-Meter-Weltklasseläuferin im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Beide Organisationen hatten angekündigt, die Doping-Vorwürfe aufklären zu wollen.

Belege für weitreichende Doping-Praktiken im russischen Spitzensport hatten sie und ihr Mann Witali in der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping" publik gemacht. Darunter war ein heimlich aufgenommenes Handy-Video, auf dem die 800-Meter-Olympiasiegerin Marija Sawinowa über ihre Erfahrungen mit Dopingmittel spricht. "Das sind alles Lügen, sagt der Präsident des russischen Leichtathletik-Verbandes, Walentin Balachnitschew. Der Verband will uns verklagen. Aber wir haben Beweise", erklärte Stepanowa, die mit ihrem Ehemann Russland verlassen hat. "Viel mehr, als das deutsche Fernsehen zeigen konnte. Man kann ja nicht sechzig Minuten ununterbrochen Beweise zeigen."

Bereits vor zwei Jahren habe die selbst bis Ende Januar 2015 wegen abnorme Blutwerte gesperrte Läuferin in einem Brief an die WADA das Doping zugegeben. "Darin erzählte ich, wie der russische Nationaltrainer mich mit EPO versorgt hat, wie Dr. Portugalow, der Chef der medizinischen Kommission des russischen Verbandes, mich zum Doping angeleitet hat", sagte Stepanowa.

Zunächst habe sie aber unter Anleitung ihres Heimtrainers Wladimir Mochnew mit dem Doping begonnen. "Er wusste nicht wirklich wie es geht", berichtete sie. "Bei starken Dosierungen von Steroiden bekam ich so harte Muskeln, dass ich annahm, dass sie wuchsen. Aber ich konnte nicht rennen." Manchmal habe sie deshalb mit dem Training zehn Tage pausieren müssen, "bis die Muskeln zurückkamen".

Gesperrt wurde Stepanowa erst Anfang 2013, obwohl ihre Blutwerte schon in den Jahren zuvor sehr auffällig waren. "Wirklich abnorm waren sie Anfang 2011. Zwei Jahre konnte ich weitertrainieren und weiter Wettkämpfe bestreiten, obwohl sie mit 99,9 Prozent Sicherheit wussten, dass ich gedopt war." Sie sei nicht die Einzige gewesen, der es so erging. "Das ganze Kontrollsystem der IAAF macht für mich keinen Sinn", sagte sie. Und warum hat die IAAF erst so spät reagiert? "Gedopte Athleten laufen schneller. Vielleicht sind schnellere Zeiten besser zu vermarkten", meinte Stepanowa.

In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" berichtete Witali Stepanow, der früher bei der Anti-Doping-Agentur Russlands (RUSADA) angestellt war, über die dubiose Rolle der Kontrolleure in seinem Land. So sollen auffällige Doping-Proben von prominenten Topsportlern vertuscht worden sein. "RUSADA nannte also Namen, und wenn ein guter darunter war, wurde der Fall niemals publiziert", erklärte Stepanow.

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