Interview mit Heiner Brand "Der VfL ist eine Herzensangelegenheit"

Die Handball-Bundesliga startet an diesem Wochenende in ihre 50. Saison. Vor der Partie zwischen dem VfL Gummersbach und dem THW Kiel am Sonntag in der Dortmunder Westfalenhalle sprach Andreas Arnold mit Ex-Bundestrainer Heiner Brand über das Event, sein Verhältnis zum DHB-Vizepräsidenten Bob Hanning und seine Berufung in den Beirat des VfL Gummersbach.

 Heimatkulisse: Heiner Brand präsentiert sich gelassen vor der Stamm-Heimspielstätte des VfL Gummersbach.

Heimatkulisse: Heiner Brand präsentiert sich gelassen vor der Stamm-Heimspielstätte des VfL Gummersbach.

Foto: Peter Krempin

Herr Brand, die Fußballer des BVB haben vor dem Spiel von VfL und THW auf Ihrer Homepage getitelt: "Handball is coming Home". Kommt der Handball am Sonntag wirklich nach Hause?
Heiner Brand: Dortmund war sicherlich in den 1970er Jahren der Ausgangspunkt für eine starke Wahrnehmung der Sportart Hallenhandball. Das WM-Endspiel des Jahres 1961 hat ja schon in der Westfalenhalle stattgefunden. So gesehen kommt der Handball auch ein Stück zurück, wobei er sich inzwischen in Deutschland ganz anders verteilt hat.

Begrüßen Sie die Entscheidung, dass die Saisoneröffnung in Dortmund stattfindet?
Brand: Wenn man das als Ausnahme und als Start der 50. Bundesligasaison sieht und somit auch ein wenig in Erinnerungen schwelgt, ist das durchaus akzeptabel und sicherlich auch positiv für die Darstellung des Handballs in der Öffentlichkeit.

Also soll es bei dieser einmaligen Aktion bleiben?
Brand: Aus meiner Sicht ja. Mit der Schwalbe-Arena hat der Verein in Gummersbach zu 100 Prozent seine Heimstätte gefunden. Das gefällt allen Leuten und da sollte man auch drauf setzen.

Sie sind zum 1. Juli beim Deutschen Handballbund, für den Sie zuletzt als Manager noch tätig waren, endgültig ausgeschieden. War eine Verlängerung Ihres Engagements noch ein Thema?
Brand: Nein. Als ich im Jahr 2011 als Bundestrainer zurückgetreten bin, war für mich klar, dass meine Handballkarriere im Juni 2015 beendet sein wird. Insofern war der von mir angeblich angestrebte Rentenvertrag eine bewusst lancierte Lüge.

Trotzdem gab es Meldungen, nach denen Sie mit einem Engagement für den japanischen Handballverband liebäugeln. Stimmt das?
Brand: Während der letzten WM in Katar habe ich mit dem Präsidenten des japanischen Handballverbandes ein Gespräch gehabt. Er hat mir geschildert, dass sie in der Vorbereitung auf Olympia im Jahr 2020 in Tokio für den Handball etwas tun wollen. Und sich vorstellen können, dass ich ihnen dabei helfe. Ich habe sofort klargemacht, dass ich als Trainer nicht zur Verfügung stehe. Über alles andere könnte man reden.

Sie haben kürzlich Bob Hanning in einem Interview kritisiert, also Ihren ehemaligen Co-Trainer, der heute Vizepräsident des Deutschen Handballbundes ist. Sie warfen ihm unter anderem vor, eine narzisstische Persönlichkeitsausprägung zu haben. War das nötig?
Brand: Ich war mir das selber und dem deutschen Handball schuldig, meine Meinung zu sagen. Sonst hätte man irgendwann gesagt, das hätte man auch mal früher sagen können. Mit dieser Meinung bin ich ja nicht alleine. Die Auffassung haben viele, darunter ehemalige Spieler und Trainer, die sehr viel für den deutschen Handball geleistet haben. Für mich ist das Thema jetzt aber erledigt.

Wer soll nach Ihrer Meinung nun DHB-Präsident werden?
Brand: Man hat sich ja wohl auf Andreas Michelmann verständigt, allerdings halte ich den zurückgetretenen Bernhard Bauer nach wie vor für den besten Mann für dieses Amt.

Nach Ihrem Abschied vom DHB sind Sie in den Beirat des VfL Gummersbach berufen worden. Warum sind Sie diesem Ruf gefolgt?
Brand: Das ist eine Herzensangelegenheit. Ich bin 63 und habe mit sechs beim VfL angefangen. Mir liegt die Zukunft des Vereins am Herzen. Außerdem bin ich bereits in der Vergangenheit vom VfL immer wieder zu bestimmten Themen um meine Meinung gefragt worden. Es war dann aber leider so, dass meine Auffassung stark verkürzt oder aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben worden ist. Ich sah mich manchmal nicht richtig interpretiert. Als Mitglied des Beirats wird mir das nicht mehr passieren.

Als langjähriger Spieler und Trainer hat man, was die Ausrichtung eines Teams angeht, sicherlich andere Vorstellungen als ein Kaufmann, der auf den Etat achten muss. Oder?
Brand: Ich sitze im Beirat vor allem wegen meiner sportfachlichen Kompetenz, da bin ich anderen Beiratsmitgliedern schon überlegen. Als Diplomkaufmann sehe ich mich aber auch in der Lage, den Durchblick bei den wirtschaftlichen Dingen zu bekommen. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich immer ein Mannschaftsspieler gewesen bin, der bereit ist, Kompromisse einzugehen, sprich für die andere Seite Verständnis aufzubringen.

Als Bundestrainer haben Sie die deutschen Vereine aufgefordert, mehr jungen deutschen Spielern das Vertrauen zu schenken. Der VfL geht nun diesen Weg und hat unter anderem mit Simon Ernst einen Spieler, der den Schritt in die Nationalmannschaft bereits geschafft hat. Freut Sie das?
Brand: Absolut, wobei man feststellen kann, dass es diesen Trend, junge deutsche Spieler auf zentralen Positionen zum Einsatz kommen zu lassen, auch bei anderen Bundesligisten inzwischen gibt. In meiner 15-jährigen Tätigkeit als Bundestrainer habe ich so eine Situation in der Liga nie gesehen. Wenn zwei junge Handballer wie Simon Ernst und Julius Kühn, die Jahrgang 1994 beziehungsweise 1993 sind, bei einem Bundesligisten wie dem VfL im Innenblock zum Einsatz kommen, ist das schon ein Stück weit sensationell. Das hat mir als ehemaligem Bundestrainer gefallen und das ist auch für die Jungs eine Chance.

Wie wird das junge VfL-Team kommende Saison abschneiden? Wagen Sie eine Prognose?
Brand: Auf Grund der Altersstruktur der Mannschaft kann man vermuten, dass noch einmal eine Leistungssteigerung möglich und ein besserer Tabellenplatz drin ist. Das muss auch das Ziel sein.

Wovon hängt es vor allem ab?
Brand: Die Mannschaft hat vergangene Saison viel von Begeisterung gelebt. Wenn davon fünf oder gar zehn Prozent verloren gehen, können auch mal schnell Spiele verloren gehen, die vergangene Saison gewonnen wurden. Das ist nicht ganz ungefährlich.

Bei aller Begeisterung braucht der Verein aber auch finanzielle Unterstützung.
Brand: Ich bin dankbar und froh, dass wir tolle Sponsoren haben, die sich für den VfL engagieren. Neben einem Hauptsponsor, der noch gefunden werden muss, wünsche ich mir noch mehr Engagement in der Region, für die der VfL das Aushängeschild ist. Die jetzige Konstellation mit Tradition, einer neuen Arena und begeisterungsfähigen Mannschaft mit vielen jungen deutschen Spielern müsste eigentlich für Sponsoren interessant sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort