Kommentar Fußball bei RTL - Wo war Niki Lauda?

Bonn · Der Mensch ist wirklich ein Gewohnheitstier - und schaltet ganz automatisch bei ARD oder ZDF ein, wenn Fußball-Länderspiel-Zeit ist. Doch am Sonntag herrschte zunächst Ratlosigkeit: Im Ersten lief "Tatort" und im Zweiten "Ein Sommer in den Bergen" mit Muriel Baumeister. Wo waren Poldi, Götze, Neuer und Co.? Bei RTL!

Der Privatsender hat sich die Rechte an den 20 Qualifikationsspielen der deutschen Elf für die EM 2016 und die WM 2018 gesichert - und dafür tief in die Tasche gegriffen. Angeblich 100 Millionen Euro sollen die Kölner bezahlt haben. Die Motivation ist klar: Der Marktanteil von RTL ist zuletzt gesunken, Formate wie "Deutschland sucht den Superstar" fahren schon lange keine Traumquoten mehr ein. Und auch beim Sport sieht es für den einstigen Höhenflieger nicht mehr so rosig aus: Formel 1 wollten zuletzt nicht einmal mehr fünf Millionen Zuschauer sehen. Auch bei Box-Übertragungen bröckeln die Quoten. Da wirkten die bis zu 11,7 Millionen Fußball-Zuschauer, die am Sonntagabend das EM-Quali-Spiel gegen Schottland verfolgten, wie Balsam für die geschundenen Senderseelen.

Doch die Kölner haben die Chance vertan, sich als echte Alternative zu ARD und ZDF zu präsentieren. Die Übertragung aus Dortmund wirkte eher wie eine "DSDS"-Show. So inszenierte der Sender mit dem vor allem aus der Formel 1 bekannten Moderator Florian König und Experte Jens Lehmann - beide mit lässig aufgeknöpftem Hemd - die Übertragung als pompöses Event, mit reichlich Pathos und Einspielern, die noch einmal an den glorreichen WM-Sommer erinnern sollten. Flankiert von reichlich Werbung, natürlich. Das Spiel wurde zur Randerscheinung.

Selbst das abschließende Interview mit dem Bundestrainer zerstückelten Werbespots. Eine journalistische Aufbereitung, wie man sie von ARD und ZDF kennt, blieb da auf Kosten des Kommerzes auf der Strecke. Kein Wunder, dass die Fußball-bezogenen Sendungen vor und nach dem Spiel quotentechnisch wieder abschmierten. Bei so viel Inszenierung fehlten eigentlich nur noch Niki Lauda und Günter Jauch. Und womöglich wünschte sich der eine oder andere sogar insgeheim eine Katrin Müller-Hohenstein oder einen Gerhard Delling zurück.

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