Kommentar zum Rücktritt von Philipp Lahm Clever und konsequent

Meinung | München · Der Rücktritt von Philipp Lahm und der vorläufige Verzicht auf den direkten Einstieg ins Funktionärsgeschäft sind wohlüberlegte Schritte. Nun bietet sich dem Weltmeister von 2014 Zeit, den eigenen Horizont zu schärfen, findet unser Autor.

 Am Ende der Saison beendet Philipp Lahm seine Karriere.

Am Ende der Saison beendet Philipp Lahm seine Karriere.

Foto: ap

Philipp Lahm hat wieder einmal viele überrascht - selbst die Bayern-Führung. Während Uli Hoeneß am Dienstagabend vor den ARD-Mikrofonen noch herumlavierte und den Abschied des Kapitäns nicht bestätigen wollte, ging der Verteidiger in die Offensive: Ja, Rücktritt im Sommer, nein,vorerst kein Amt bei den Bayern.

Lahm sagt servus. So konsequent wie nach dem WM-Sieg im Juli 2014, als er mit gerade 30, auf der Höhe seiner fußballerischen Schaffenskraft, aus der Nationalmannschaft zurücktrat. Der Münchner, klein von Statur, aber auf dem Platz eine große Persönlichkeit, ist ein Mann der klaren Kante und keiner, der Entscheidungen nach wenigen Wochen wieder bereut oder sich mit schmeichelnden Worten umstimmen ließe.

Er handelt stets kontrolliert, wohlüberlegt - und nicht zuletzt im eigenen Sinne. Seiner Palastrevolte fiel bei der WM 2010 der als unantastbar geltende, damals verletzte Kapitän Michael Ballack zum Opfer. Lahm schnappte sich mit stillschweigender Unterstützung des Bundestrainers Macht und Binde - Ballack spielte später keine Rolle mehr.

Den richtigen Absprung geschafft

Bei seinem vorzeitigen Rücktritt als Spieler - sein Vertrag läuft eigentlich bis Juni 2018 - dürfte die Sorge, irgendwann den eigenen Ansprüchen nicht mehr zu genügen, eine Rolle gespielt haben. Lahm hat gesehen, wie es anderen alternden Stars der Branche - Bastian Schweinsteiger etwa - ergangen ist. Den richtigen Absprung zu erwischen, ist eine Kunst. Er hat's geschafft.

Den richtigen Einstieg in einen neuen Karriereabschnitt zu vollziehen, bedarf ebensolcher strategischer Planung. Der clevere Lahm hat registriert, dass er, aber auch die Bayern, für einen Generationswechsel noch nicht bereit sind. Im dichten Münchner Funktionärs-Machtgeflecht wäre er unter den allmächtigen Bossen Rummenigge und Hoeneß der Lehrling. Christian Nerlinger, ehemaliger Spieler und Sportdirektor, sprach nach seiner Entlassung 2012 gar von "Gefühlskälte" an der Säbener Straße.

Lahm hat das Spiel immer verstanden - auf und neben dem Rasenviereck. Er wird sich das Treiben bei den Bayern aus der gebotenen Distanz anschauen, seinen Horizont schärfen und auf den passenden Einstieg warten. Eine Rückkehr in den Fußball ist die wahrscheinlichste Option - aber zu seinen Bedingungen.

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