1:4-Debakel gegen Schalke Bayer Leverkusen steckt mitten im Abstiegskampf

Leverkusen · Bayer Leverkusen muss nach einer derben 1:4-Pleite mehr denn je um den Klassenerhalt bangen. Der Trainerwechsel zu Tayfun Korkut ist wirkungslos verpufft.

 Tayfun Korkut steckt mit Bayer Leverkusen im Abstiegskampf.

Tayfun Korkut steckt mit Bayer Leverkusen im Abstiegskampf.

Foto: Marius Becker

Als es Anfang März nicht mehr ging mit Roger Schmidt, musste Bayer 04 Leverkusen handeln und überlegen. Der eine Trainer war nicht mehr zu halten, ein wirklicher Nachfolger aber nicht in Sicht. In dieser Situation fiel den Entscheidungsträger des Fußball-Bundesligisten mit Geschäftsführer Michael Schade, Sportdirektor Rudi Völler und Manager Jonas Boldt an der Spitze die Lösung Tayfun Korkut ein. Ein Trainer, der gut genug schien, noch die europäischen Wettbewerbe erreichen zu können. Aber auch ein Trainer, der als Gesamtpaket nicht so gut war, dass Bayer ihn über die Saison hinaus hätte halten müssen, aber trotzdem immer noch gut genug, um nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben.

Seit Freitagabend wissen Schade, Völler und Boldt, dass sie sich mächtig getäuscht haben. Ihre Verlegenheitslösung Korkut hat den Champions League-Dauergast nämlich direkt in den Kampf um den Klassenerhalt geführt. Das dürfte spätestens nach der deutlichen 1:4-(0:3)-Heimniederlage am Freitagabend im Duell der Enttäuschenden gegen den FC Schalke 04 auch den letzten Optimisten klar geworden sein.

Acht Spiele hat der 43-jährige Korkut gecoacht, seitdem er am 6. März die sportliche Verantwortung von Roger Schmidt übernommen hat. Seine Bilanz ist dramatisch für ein Team, dass vor der Saison angetreten war, wieder die ersten drei Plätze anzugreifen: Karge sechs Punkte hat Korkut eingesammelt, macht einen Schnitt von 0,75 pro Spiel. Sein nicht mehr haltbarer Vorgänger hatte es in 23 Partien immerhin auf 1,2 Zähler im Schnitt gebracht.

„Wir stecken im Sumpf, es darf uns jetzt keiner den Kopf runterdrücken“, hatte der glücklose neue Bayer-Coach angesichts von nur vier Zählern Vorsprung auf den Relegationsplatz 16 vor dem Schalke-Spiel den Abstiegskampf ausgerufen. Korkut brachte mit Stefan Kießling einen erfahrenen Anführer ins Spiel und ließ dafür Chicharito auf der Bank. Außerdem ließ er Wendell draußen und stellte den genesenen Shootingstar Benjamin Henrichs nach hinten links.

Bayer begann auch schwungvoll und hätte nach 38 Sekunden in Führung gehen müssen. Der durchgebrochene Julian Brandt scheiterte aber am herausstürzenden Torwart Ralf Fährmann. Genau sechs Minuten lang wirbelte und presste Leverkusen, dann brach das Unheil, das sich die ganze Saison über zusammengebraut und in den vergangenen Wochen konzentriert hatte, über die Werkself herein. Nabil Bentaleb öffnete mit einem geschliffenen Steilpass auf Leon Goretzka die komplette Defensive der Hausherren.

Goretzka ließ Ömer Toprak stehen und legte den Ball vorbei an Bayer-Keeper Bernd Leno auf Guido Burgstaller, der mühelos zu seinem siebten Saisontor kam. Es war die erste gelungene Ballstafette der Schalker überhaupt. Die erste Ecke der Gäste brachte dann drei Minuten später schon das 0:2. Alessandro Schöpf zielte, fand am Fünfmeterraum den von Roberto Hilbert allein gelassenen Benedikt Höwedes, der per Kopf traf. Das Unglück der Leverkusener ging weiter.

Kapitän Toprak hatte sich beim 0:1 so verletzt, dass es nach einer Viertelstunde für ihn nicht mehr weitergehen konnte. Bevor Korkut den humpelnden Innenverteidiger gegen Rückkehrer Jonathan Tah auswechseln konnte, schlugen die Königsblauen ein drittes Mal zu. Über die Seite des indisponierten Hilbert durfte Goretzka unbehelligt in den Strafraum eindringen. Nachdem der Schalker zweimal an Leno gescheitert war, verwertete Schöpf den zweiten Nachschuss zum 0:3 (18.). Bayer, das im Zentrum des Spiels seinem Gast alle Räume gab, war natürlich geschockt und erholte sich auch nicht mehr bis zum Pausenpfiff. Im Eckenverhältnis stand es 2:2 – immerhin.

In der Pause erlöste Korkut den auch noch mit Gelb verwarnten Hilbert und rief seinem Team die Sache mit dem Kopf im Sumpf in Erinnerung. Karim Bellarabi versuchte sich zu wehren, zielte aber nach 18 Sekunden der zweiten Hälfte um Zentimeter am Tor vorbei. Keine vier Minuten später drückte Schalke den Leverkusener endgültig Kopf runter. Nach einem Schöpf-Freistoß stand Burgstaller am langen Pfosten so frei, dass er mit einer schönen Direktabnahme auch bei seinem achten Saisontor keine Mühe hatte (50.).

Nun bestand die Sorge, dass das fragile Bayer-Gebilde nicht nur insgesamt weiter Schaden nahm, sondern auch in diesem einem Spiel schlimme Prügel beziehen konnte. Das keineswegs überzeugende Schalke ließ aber Gnade walten und den 1:4-Ehrentreffer von Stefan Kießling zu (69.). Kein Trost für Leverkusen und seine sportliche Führung, die sich nun am Wochenende wieder zusammensetzen dürfte. Das abenteuerliche Experiment mit dem sympathischen aber erfolglosen Tayfun Korkut ist jedenfalls gescheitert. Völler, Schade und Boldt brauchen vor den Partien gegen Ingolstadt, Köln und Hertha BSC eine andere Lösung, um die Werkself aus dem Sumpf zu ziehen - und am Ende vielleicht auch sich selbst .

Leverkusen: Leno; Hilbert (46. Wendell), Jedvaj, Toprak (19. Tah), Henrichs; Kampl, Aránguiz; Brandt (85. Mehmedi), Bellarabi, Volland, Kießling. – Schalke 04: Fährmann; Coke, Höwedes, Badstuber, Kolasinac (74. Aogo); Bentaleb (83. Riether), Stambouli; Schöpf, Goretzka, Caligiuri; Burgstaller. – SR.: Fritz (Korb). – Zuschauer: 30210. – Tore: 0:1 Burgstaller (7.), 0:2 Höwedes (10.), 0:3 Schöpf (18.), 0:4 Burgstaller (50.), 1:4 Kießling (69.). – Gelbe Karten: Hilbert, Kampl.

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