Basketballer Dennis Schröder "Chefchen" mit großem Ego

BERLIN · Das Selbstbewusstsein von Dennis Schröder füllt Basketball-Arenen. Bis in die hinterste Ecke. Bis in die oberste Sitzreihe. Arenen, nicht Hallen. Die handelsüblichen Sportstätten der Basketball-Bundesliga waren kaum zwei Jahre lang groß genug für Schröders gewaltiges Ego.

 Der verlängerte Arm des Bundestrainers: Dennis Schröder, hier im Gespräch mit Chris Fleming.

Der verlängerte Arm des Bundestrainers: Dennis Schröder, hier im Gespräch mit Chris Fleming.

Foto: dpa

Es ist - zugegeben - ein Ego, das von reichlich Talent unterfüttert wird, von außergewöhnlichem Basketball-Instinkt, von Durchsetzungsvermögen, von rasantem Tempo. Ein Ego, das Dennis Schröder sich leisten kann, und er leistet es sich.

Viele sagen, das ist es, was ihn von anderen unterscheidet. Das ist es, was ihn in die NBA gebracht hat. Dorthin, wo sie sich zu Tausenden hinträumen, wo sie zu Hunderten vorspielen. Mit Chuzpe und einer blond gefärbten Haarsträhne hat er sich dort von anderen unterschieden. So hat er die Scouts animiert, genauer hinzusehen und ihm eine Chance zu geben. Das war im Sommer 2013.

Inzwischen ist der 21-jährige Braunschweiger mit den unglaublich langen Armen in der NBA Dennis the Menace (Dennis, die Bedrohung) und im deutschen Team der Chef auf dem Feld. Wenn er gelesen hat, dass manche Medien ihn als "Chefchen" bezeichnet haben, dürfte ihn das nur anspornen. Den Chef-Status in einer Mannschaft mit dem größten europäischen Basketballer der Geschichte verdankt Schröder natürlich auch seiner Position: Er ist der Spielmacher, er hält die Fäden in der Hand, er setzt die anderen in Szene. Aber er hat auch das Format, dem inzwischen 37-jährigen Dirk Nowitzki viel von der Verantwortung, die er lange alleine getragen hat, abzunehmen. Schröder will Verantwortung übernehmen. "Der Coach, Dirk und das Team vertrauen mir. Ich nehme das gerne an", sagt er.

An Nowitzkis Status zu kratzen liegt Schröder fern: "Es ist eine Ehre für mich, mit Dirk zusammenzuspielen." Und es wäre nicht verwunderlich, wenn in dem Braunschweiger Kinderzimmer eines Jungen, der lange als egoistisch und schlampig galt, ein Nowitzki-Poster gehangen hätte.

Der NBA-Meister von 2011 hält große Stücke auf Schröder: "Wir hatten in Deutschland noch nie so einen Aufbauspieler wie den Dennis, der so extrem athletisch ist und das Spiel so an sich reißen kann. Das müssen wir für uns nutzen."

Schröders Talent wurde auf einem Freiplatz entdeckt. Liviu Calin sah den Sohn einer gambischen Mutter und eines deutschen Vaters im Braunschweiger Prinzenpark spielen. Der Basketballtrainer hatte den Ehrgeiz, aus dem Elfjährigen mehr zu machen. Schröders Charakter war nicht immer hilfreich. Doch als er 16 Jahre alt war und sein Vater starb, vollzog sich ein Wandel mit dem schwierigen Fall.

Er unterstützte seine Mutter in ihrem Friseursalon und passte auch auf seine jüngeren Geschwister auf. Ab der Saison 2011/12 lief Schröder mit einer Doppellizenz erstmals für den Bundesligisten Phantoms Braunschweig und dessen Reservemannschaft auf. Im Jahr darauf machte er schon in der BBL schnell auf sich aufmerksam.

Gegen Saisonende erhielt er eine Einladung zum "Nike Hoop Summit", einem Spiel der besten Nachwuchsspieler der USA gegen die besten nicht-amerikanischen Internationalen. Obwohl sein Verein zu der Zeit in der Bundesliga gegen den Abstieg kämpfte und Schröder inzwischen zu den Stützen zählte, erhielt er die Freigabe und spielte sich auf die Merkzettel der Talentspäher. Als jüngster Allstar verließ er die Bundesliga in Richtung Atlanta Hawks. Der folgende Aufstieg: rasant. Wie sein Spiel.

Seine Schnelligkeit soll den Deutschen helfen, den vierten, besser noch den dritten Platz in Gruppe B zu erreichen, weil man dann eine Begegnung mit Turnierfavorit Frankreich im EM-Achtelfinale vermeiden würde.

In einer starken Gruppe kann es die deutsche Mannschaft nur als Team schaffen. Nur Nowitzki? Ausrechenbar. Nur Schröder? Ebenso. Ein gut in Szene gesetzter Nowitzki kann den Freiraum schaffen, den Schröder braucht, um seine gefährlichen Angriffe auf den Korb zu starten. Lässt die gegnerische Verteidigung die Tür auch nur einen Spalt offen, sieht sie von Schröder nur noch die Rücklichter.

Sein Ego hat Schröder in die NBA gebracht. In Berlin muss er sich als Teamplayer präsentieren, wenn der Weg mit der Mannschaft über Lille nach Rio führen soll.

Die deutschen Gegner am Wochenende

ISLAND

Zum ersten Mal überhaupt sind die Isländer um Aufbauspieler Hördur Vilhjalmsson, der in der vergangenen Saison noch für den Mitteldeutschen BC in der Bundesliga spielte, und den Spanien-erfahrenen Jon Stefansson (Malaga) für die Basketball-EM qualifiziert. Im Kern spielen sie seit 15 Jahren zusammen - das ist ihr Vorteil. Ansonsten ist das Team von Trainer Craig Pedersen in dieser Berliner Vorrundengruppe, in der jedes Team mindestens zwei NBA-Spieler mitbringt, der klare Außenseiter. Vermutlich werden die Isländer versuchen, die Gegner mit unorthodoxem Spielstil zu überrumpeln.

SERBIEN

Die Serben um Vladimir Stimac, den ehemaligen Center von Bayern München, und die Superstars Milos Teodosic (ZSKA Moskau) und Ognjen Kuzmic (Golden State Warriors, NBA) gehören zu den Favoriten - nicht nur in dieser Gruppe. Bei der Weltmeisterschaft in Spanien dekorierten sie sich im vergangenen Jahr als "Best of the Rest" mit Silber hinter den in anderen Sphären spielenden US-Amerikanern. Und sie sind mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein ausgestattet. Die Teamchemie der Serben ist allzu oft Tagesform-abhängig. Sind sie sich nicht grün, steigen die Chancen des Gegners.

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