Tierische Retter im Notfall - Lawinensuchhunde im Einsatz

Hünxe · Für Wintersportler ist es der Alptraum: Eine Lawine stürzt den Berg hinab - und begräbt alles unter sich. Für verschüttete Menschen zählt dann jede Sekunde. "Nach 15 Minuten sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit rapide", sagt Stefan Sobotta vom Bundesverband Rettungshunde (BRH).

 Um die Geruchspartikel des Verschütteten nicht zu verwirbeln, landet der Hubschrauber einige Meter vom Unglücksort entfernt. Foto: Walter Hoffmann

Um die Geruchspartikel des Verschütteten nicht zu verwirbeln, landet der Hubschrauber einige Meter vom Unglücksort entfernt. Foto: Walter Hoffmann

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Lawinensuchhunde sind deshalb oft die Ersten am Unglücksort. Sie werden meist mit einem Helikopter direkt zur Unfallstelle gebracht, erklärt Stefan Strecker, Lawinenhundestaffelführer der Bergwacht Chiemgau.

Der Helikopter landet am besten einige Meter vom Unglücksort entfernt, damit die Geruchspartikel nicht verwirbelt werden, erklärt Strecker. Dann geht es los: Der Hund versucht, Witterung aufzunehmen, der Hundeführer dirigiert ihn dabei.

Mit ihrer Spürnase können Rettungshunde Menschen um ein Vielfaches schneller orten als ihre zweibeinigen Kollegen. Hat das Tier etwas gefunden, fängt es sofort zu graben an. Je nach Ausbildung zeigt der Hund den Fund auch mit lautem Bellen an oder läuft zwischen Fundstelle und Hundeführer hin und her.

Manchmal stößt das Tier zuerst auf Ausrüstungsgegenstände wie Mützen oder Rucksäcke der Verunglückten. "Die Hunde sind aber darauf trainiert, dem stärksten menschlichen Geruch zu folgen", betont Strecker. Die Stelle, die sie anzeigen, wird von den Helfern mit Spezialgerät abgesucht. Liegt ein Verschütteter unter dem Schnee, nehmen die Retter den Hund zur Seite und beginnen zu schaufeln. Ein kurzes Lob, dann steht die Bergung im Vordergrund.

Bevor ein Hund in der Bergrettung zum Einsatz kommt, absolviert er eine etwa dreijährige Ausbildung. Momentan gibt es in der deutschen Alpenregion etwa 60 Hundeführer mit ausgebildeten Tieren. "Voraussetzung ist, dass ein Hund Gehorsamsübungen wie Sitz und Platz beherrscht und sich verträglich gegenüber anderen Menschen und Hunden verhält", erklärt Walter Hoffmann vom Rettungshundeausschuss des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH). Außerdem müssen die Tiere lernen, sich tragen und per Hubschrauber oder Pistenraupe transportieren zu lassen.

Deshalb dürfen die Tiere nicht zu groß sein. "Kniehohe Hunde sind am besten geeignet", sagt BRH-Experte Sobotta. Die Rassen in der Lawinenrettung sind unterschiedlich. Von Labrador und Golden Retriever über Australian Shepherd oder Border Collie bis hin zum Schäferhund ist alles dabei. Einschränkung: Die Tiere müssen winterfest sein, da sie oft mehrere Stunden im Schnee unterwegs sind. Auch eine gewisse Größe ist nötig, damit die Hunde im Tiefschnee gut vorwärtskommen.

Was den Charakter angeht, sind Neugier und ein ausgeprägter Spürtrieb wichtig. Außerdem sollten die Hunde nicht ängstlich oder aggressiv sein. Das Wichtigste: Spaß am Spielen und eine gewisse Menschenbezogenheit. "Der erste Schritt ist, dass Hunde lernen: Alle Menschen sind ganz toll", erklärt Sobotta. Das wird zum Beispiel auf einer Fläche trainiert, über die mehrere Personen verteilt sind. Läuft der Hund auf die Helfer zu, gibt es eine Belohnung, zum Beispiel Futter oder ein Spielzeug.

So verknüpft der Hund das Finden eines Menschen mit etwas Positivem. "Irgendwann sind die Menschen dann versteckt", erklärt Sobotta. Die letzte Trainings-Stufe ist die Suche nach Menschen unter einer Schneedecke. Ihre erste Prüfung legen angehende Rettungshunde meist im Alter von 12 bis 15 Monaten ab.

"Der Hund ist im Einsatz hohen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt", sagt Walter Hoffmann, der auch Prüfer bei der Internationalen Rettungshunde Organisation ist. Er muss daher nicht nur körperlich fit sein, sondern auch geistig stabil. "Klar merkt der Hund, dass die Anspannung im Einsatz größer ist", meint auch Sobotta. Die Motivation für den Hund ist aber - wie im Training - sein Spiel- und Suchtrieb. "Im Endeffekt ist das für den Hund ein großes Spiel".

Damit die Hunde einsatzbereit bleiben, müssen sie regelmäßig üben. Alle ein bis zwei Jahre wird die Rettungshundeprüfung wiederholt. "Die Hunde sind ganzjährig im Einsatz und werden ganzjährig trainiert", erzählt Hoffmann. Im Sommer kommen die Tiere oft in der Flächensuche, etwa in einem Wald, nach vermissten Menschen zum Einsatz.

Ihren Alltag verbringen sie bei ihren Hundeführern - bei Lawinensuchhunden sind das meist Angehörige der Bergwacht. Die Arbeit mit den Hunden machen sie in der Regel ehrenamtlich.

Kinder müssen im Umgang mit dem Hund Regeln lernenDer Hund gilt als der beste Freund des Menschen - aber nicht jeder begegnet den Tieren unvoreingenommen. Denn es ist das natürliche Verhalten der Hunde, dass sie etwa bei Bedrohung zuschnappen können. Besonders zwischen Kindern und Hunden kommt es mitunter zu riskanten Missverständnissen.

Oft wüssten Kinder nicht, ab wann Gefahr droht, und gingen völlig unbedarft und ahnungslos mit dem Hund um, erklärt die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz. Auch ein noch so freundlicher Hund könne beispielsweise bei Schmerzen plötzlich ein Kind abwehren und es verletzen.

Deshalb ist es wichtig, dass Eltern dem Kind einige Regeln im Umgang mit dem Hund beibringen:

Begleitung: nur unter Aufsicht der Eltern mit dem Hund spielen und schmusen

Vorsicht: Hochziehen der Lefzen und Knurren als Warnsignale sehen und den Kontakt abbrechen

Verboten: Dem Hund niemals in die Augen starren oder ihn umarmen, da er beides als Drohung verstehen könnte

Abstand: Den Hund nicht beim Fressen stören

Respekt: Dem Hund keine Gegenstände wegnehmen

Ruhe: Den Hund nicht erschrecken oder bedrängen

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