Kündigungen in Vettelschoß Unruhe bei Birkenstock

VETTELSCHOSS · Unruhe beim rheinland-pfälzischen Gesundheitsschuh-Hersteller Birkenstock. Nachdem Stephan Birkenstock, ältester der drei Birkenstock-Erben, zum Jahresende aus dem Unternehmen ausgestiegen ist, wollen Christian und Alex Birkenstock die Firmengruppe neu organisieren. Dabei riskieren sie auch den Konflikt mit der Belegschaft. Am Arbeitsgericht Koblenz sind zahlreiche Verfahren anhängig, am Unternehmenssitz Vettelschoß ist es zu Kündigungen gekommen.

"Wir überprüfen nach dem Gesellschafterwechsel unsere Strukturen", sagte am Mittwoch Oliver Reichert, Vertreter von Christian Birkenstock, auf Anfrage. Birkenstock ist in zahlreiche Untergesellschaften aufgespalten. Der Schuhhersteller, der allein in Vettelschoß rund 350 Mitarbeiter beschäftigt, verhindert damit seit Jahren die Bildung eines Betriebsrats. Reichert dementierte Kündigungen nicht, wollte aber keine Zahl nennen. "Es werden Abläufe neu definiert", sagte der Manager. Nach GA-Informationen wurde bisher rund einem Dutzend Mitarbeiter gekündigt. "Wir stellen auch ein", sagte Reichert.

Hans-Joachim Gans, Direktor des Arbeitsgerichts Koblenz, berichtet von rund 50 Verfahren, mit denen sich Beschäftigte von Birkenstock derzeit gegen mögliche Kürzungen von Urlaubsansprüchen und Weihnachtsgeld wehren. Reichert sagte dazu, das Unternehmen wolle seine Mitarbeiter "fair und sauber bezahlen", bei den Verfahren handele es sich um "Altlasten". Beim Arbeitsgericht Koblenz gilt Birkenstock allerdings als Dauerkunde.

Das eigentliche Geschäft mit den Gesundheitsschuhen laufe "ganz gut", sagte Reichert, ohne Zahlen nennen zu wollen. 2011 hatte Birkenstock laut Veröffentlichung im Bundesanzeiger knapp zwei Prozent mehr Schuhe verkauft und damit den Umsatz um 2,5 Prozent auf 135,5 Millionen Euro steigern können.

Das Unternehmen arbeitete sehr profitabel, der Jahresüberschuss stieg den Angaben zufolge von gut 33 Millionen auf knapp 36 Millionen Euro. Für das Jahr 2012 ging Birkenstock allerdings von einem Umsatzrückgang von rund acht Prozent aus. Unter anderem trennte sich das Unternehmen nach eigenen Angaben von einigen Vertriebspartnern. Zu Birkenstock gehören auch die Marken Papillio, Tatami, Birki, Betula, Alpro und Footprints. "Alle Marken bleiben erhalten", sagte Reichert.

Das Unternehmen Birkenstock lässt sich bis ins Jahr 1774 zurückverfolgen, als sich Johann Adam Birkenstock als "Untertan und Schuhmacher" in dem kleinen hessischen Ort Langen-Bergheim eintragen ließ. Ende des 19. Jahrhunderts betrieb Konrad Birkenstock zwei Schuhgeschäfte in Frankfurt und begann mit der Herstellung von Fußbett-Einlagen. 1974 begann unter Karl Birkenstock der Aufbau des Standorts Sankt Katharinen/Vettelschoß.

Schlagzeilen machte der sogenannte "Sandalen-Krieg", als Christian Birkenstocks Ehefrau Susanne Birkenstock nach der Trennung von ihrem Mann 2004 ihre eigene Schuhfirma gründete und selbst mit dem Namen Birkenstock warb. Es kam zum Prozess, 2006 meldete Susanne Birkenstocks Firma Insolvenz an. Oliver Reichert kam im Herbst 2010 zu Birkenstock. Reichert war zuvor Chef des Sportsenders DSF.

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