Ein Jahr Outlet in Bad Münstereifel Stadt belebt, Kritik bleibt

BAD MÜNSTEREIFEL · Das Konzept war neu, einmalig in Deutschland: Vor einem Jahr eröffnete das City Outlet in Bad Münstereifel - ein Outlet nicht auf der grünen Wiese, sondern in die Stadt integriert. Das Konzept sollte wieder Leben in den Ort bringen.

 Etwa 30 Outlet-Geschäfte integrieren sich im beschaulichen Bad Münstereifel in das Stadtbild.

Etwa 30 Outlet-Geschäfte integrieren sich im beschaulichen Bad Münstereifel in das Stadtbild.

Foto: dpa

Es gab einige Kritiker, aber viele freuten sich auf die Chance, vor allem die ortsansässigen Einzelhändler und Gastronomen. Ein Jahr nach der Eröffnungsfeier mit Schlagersänger Heino, der sein Café in unmittelbarer Nähe betreibt, wird klar: Die Stadt ist aufgeblüht, Einzelhändler und Gastronomen profitieren jedoch nur zum Teil.

Insgesamt eine Million Besucher zusätzlich wollte der Betreiber aus Wien, ROS-Retail Outlet Shopping, innerhalb eines Jahres in den Ort locken. Nach eigenen Angaben ist ihm das auch gelungen. Die Stadt Bad Münstereifel hält die Zahl für realistisch, kann allerdings auch keine Statistik mit Tagesgästen vorlegen. Die vorhandenen Übernachtungszahlen schwanken laut einer Stadt-Sprecherin. Nachdem es in den ersten Monaten nach der Eröffnung fast zehn Prozent mehr waren, fielen die Zahlen in den Folgemonaten wieder um fast vier Prozent.

Der April sei wieder besser gewesen. Fest steht: Im Gegensatz zu vorher ist das Städtchen belebter. Das ist auch an einem Montagvormittag deutlich zu sehen. Der durchschnittliche Besucher bleibt laut einer Umfrage des Betreibers etwa vier bis sechs Stunden. Die meisten Gäste kommen demnach vor allem aus Köln, Bonn, Aachen, Trier, Prüm und Bitburg. Am Wochenende erweitere sich das Einzugsgebiet auf das Ruhrgebiet und die Niederlande.

Die Stimmung unter Einzelhändlern und Gastronomen ist zum Teil verhalten. Einige behaupten sogar, die Umsätze seien geringer als vorher. Der Inhaber eines Ladens, der seinen Namen nicht nennen möchte, erklärt: "Vor dem Outlet hatten die Geschäfte auch sonntags geöffnet."

Die Stadt habe das geduldet, obwohl es laut nordrhein-westfälischem Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten Einschränkungen gibt. Jetzt seien nur noch die offiziellen vier Sonntage im Jahr erlaubt. Es seien zwar mehr Leute da, er profitiere jedoch nicht davon. Der Betreiber einer Eisdiele winkt ab: "Furchtbar, kein Vergleich zu vorher."

Auch der Gastronom, der das Bistro "Tapferes Schneiderlein" betreibt, zieht eine ernüchternde Bilanz: "Nach dem Anfangshype sind wir auf einem Niveau angekommen, das ich nicht für möglich gehalten habe", erklärt Michael Griese. Bereits vor einem Jahr sagte er dem General-Anzeiger, dass die vorhandenen Marken nicht das Publikum anzögen, das er brauche. Er verkauft Baguette und Pasta aus regionalen frischen Produkten. Schnitzel mit Pommes - Fehlanzeige. Jetzt, ein Jahr später, fühlt er sich bestätigt.

Prächtig dagegen läuft sichtlich die Buchhandlung Mütters: "Für uns ist es ein Segen, dass die Leute wegen des Outlets kommen," sagt Inhaber Josef Mütter bei einem Besuch in seinem Geschäft. Sicher profitiere er auch von der Lage direkt am Markt. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: Wegen des Outlets musste er sein zweites Geschäft dieses Jahr aufgeben, weil der Vermieter an die Investoren verkauft hatte. "Auch diesen Laden hier wollten sie übernehmen", erzählt er. Glücklicherweise hätten nicht alle Hausbesitzer Dollarzeichen in den Augen.

Der Bonner Handelsexperte Thomas Roeb stand dem Outlet bereits vor einem Jahr kritisch gegenüber - vor allem ging es auch um die Auswahl der Marken, die er nicht als erste Wahl ansah. Mittlerweile war Roeb selbst zweimal in Bad Münstereifel: "Die Auswahl der einzelnen Marken ist nicht besonders groß, und das Preisniveau lässt auch zu wünschen übrig", resümiert der Wirtschaftswissenschaftler. Abgesehen davon habe er etwas komplett Anderes erwartet. "Dadurch, dass die Geschäfte so wenige und so verteilt sind, übersieht man sie leicht." Etwa 30 Shops gibt es über die gesamte Fußgängerzone der Stadt verteilt.

Roeb bezeichnet das ganze Center als einen "Hype". Als gutes Zeichen beurteilt er allerdings die neuen Marken, die laut Betreiber bis Ende August eröffnen sollen: Barutti, Betty Barclay und Levis. Den Weggang von Bassetti, Zero und Luis Trenker dagegen hält er für keinen großen Verlust.

"Was die Marken betrifft, wollen wir an einigen Stellen etwas nachbessern", erklärt Thomas Reichenauer, Geschäftsführer von ROS-Retail Outlet Shopping. Was dem Center noch fehle, seien Accessoires und Lederwaren. Die Ladenfläche von 12 000 Quadratmetern soll in den kommenden Monaten noch um etwa 1700 Quadratmeter erweitert werden. Nach einem Jahr weiß der Betreiber auch genauer, was die Kunden wollen: "Vor allem klassische Marken wie Gerry Weber kommen gut an." Dazu seien Outdoormarken sehr beliebt.

Der Bassetti-Store, der in Bad Münstereifel geschlossen hat, zieht jetzt weiter nach Montabaur. Denn dort hat Ende Juli ein weiteres Outlet Center eröffnet. Auf 14.000 Quadratmetern werden dort innerhalb eines Jahres 1,5 bis zwei Millionen Besucher erwartet.

Reichenauer fürchtet keine Konkurrenz. Er ist der Meinung, das beide Outlet-Center sehr gut nebeneinander existieren können. "Der deutsche Markt ist noch nicht so gesättigt wie in anderen Ländern." Im Gegensatz zu Bad Münstereifel hat Montabaur allerdings den Vorteil, innerhalb eines Jahres an 16 Sonntagen öffnen zu dürfen. In Rheinland-Pfalz ist das erlaubt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort